Königsberg
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Kants Grab zu Wagners Zeit |
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Im Juli 1836 erreichte Wagner Königsberg (seit 1946 Kaliningrad), der damaligen Hauptstadt
und dem geistigen Zentrum der Provinz Preußen mit 70.000 Einwohnern. Im 18. Jhr. war die
Handelsstadt Königsberg auf dem Höhepunkt ihrer Bedeutung gewesen, sie zählte zur Wende
zum 19. Jhr. mehr Einwohner als Köln, Frankfurt/Main oder München. Durch den 1724 in
Königsberg geborenen Immanuel Kant, der sein ganzes Leben in Königsberg verbrachte, wurde
die dortige Universität (hinter dem Dom gelegen, später am Promenadenplatz) zu einem
Zentrum der Philosophie, seine Vorlesungen an der Universität hörte auch Johann Gottfried
Herder. Noch zur Lehrzeit Kants studierte hier auch E. T. A. Hoffmann (*1776 in Königsberg),
allerdings Jura. Kants kritischer Einfluss auf die Romantik hat wohl auch Wagner zur
Auseinandersetzung angeregt, wahrscheinlich kannte er auch sein Grab am Königsberger
Dom. Kants Grab und der wieder aufgebaute Dom (heute nur noch für Konzerte und als
Museum genutzt) sind einige der wenigen erhaltenen Stätten aus Wagners Zeit im heutigen
Kaliningrad, dessen Stadtbild sich durch die Zerstörung des Zweiten Weltkriegs und die
Umgestaltung zu Sowjetzeiten grundlegend geändert hat. Als extremes Beispiel steht an der
Stelle des ehemaligen Königsberger Schlosses
das Haus der Räte, das in den 70er Jahren als
Wahrzeichen des modernen Kaliningrads erbaut
werden sollte. Aus Geldmangel und wegen
Statikproblemen blieb es eine Bauruine.
(Leninskiy Prospekt, gegenüber vom Hotel
"Kaliningrad"). Die (ost-) preußische Geschichte
der Stadt wird in wechselnden Ausstellungen im
Museum Friedländisches Tor beleuchtet
(Prospekt Kalinina 6, Ecke Uliza
Dserdschinskowo, Öffnungszeiten: 10-17 Uhr,
Mo geschlossen). Im Dom findet sich heute ein
Kant-Museum (2. und 3. Stock, geöffnet täglich
von 9-17 Uhr) und im Westchor seit 2011 eine
zweisprachige Bronzetafel zur Erinnerung an
Wagners Zeit in der Stadt.
Am Königsberger Stadttheater, einem Mehrsparten-Haus, das 1808/09 am zentralen
Promenadenplatz erbaut worden war
(im Zweiten Weltkrieg zerstört,
ehemalige Lage neben der Universität:
Universitetskaya Ulitsa; Nachfolger:
Dramatheater, Prospekt Mira 4) hatte
Minna Planer ein Engagement
gefunden. Wagner folgte ihr im
Sommer 1836 mit der vergeblichen
Hoffnung auf eine Anstellung.
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Wohnung in Königsberg |
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Trotz der prekären wirtschaftlichen Lage, resultierend aus nur gelegentlicher Beschäftigung am
Theater und einem misslungen Opernprojekt ("Die hohe Braut"), konnte Wagner Minna Planer
überreden, ihn zu heiraten. Die Trauung fand am 24.
November 1836 in der kleinen Kirche von Tragheim (nicht
erhalten) statt, einer nördlich vom Zentrum gelegenen
Vorstadt von Königsberg, unweit der gemeinsam bezogenen
kleinen und feuchten Wohnung am Steindamm 111 (nicht
erhalten, heutige Lage etwa am nördlichen Ende Leninskiy
Prospekt). Es war ein schwerer Start für das junge Ehepaar,
vor allem wegen Wagners beruflicher Misere. Minna
beschrieb die Situation dreizehn Jahre später, als Wagner
sich von ihr trennen wollte, in einem Brief an ihn so: "Was
warst Du denn als ich Dich heirathete? Du warst ein armer,
verlassner, unbekannter, unangestellter Musikdirector, und
was standen mir damals für Aussichten bevor! Mein ganzes
Thun und Schaffen in unsrer Häuslichkeit war ja nur um Dir
es recht zu machen, […] sogar meine Selbstständigkeit die
ich so hoch hielt, gab ich freudig auf, um Dir ganz angehören
zu können."
Im April 1837 fand Wagner endlich eine Anstellung als Musikdirektor, die er aber wegen des
Bankrotts des Theaters gar nicht erst anzutreten brauchte. Wagner war also weiterhin ohne
Arbeit, reagierte aber gleichzeitig zunehmend eifersüchtig auf Minnas Beruf als Schauspielerin,
in "Mein Leben" spricht er sogar von ihren "widerwärtigsten Auftritten". Sein dennoch
sorgloser Umgang mit Geld und die deshalb steigende Verschuldung verschärften die
Streitigkeiten zwischen den Eheleuten und das Königsberger Stadtgericht drohte bereits die
verpfändeten Möbel abzuholen. Ende Juni floh Minna zu ihren Eltern nach Dresden, laut
Wagners Aufzeichnungen in Begleitung eines Liebhabers. Über mehrere aufreibende Wochen
hielt das Zerwürfnis mit Teilversöhnungen an. Als Wagner schließlich ein Engagement in Riga
erhielt, kam Minna nach. Auf das Angebot eines Engagements am Rigaer Theater verzichtete
sie und leitete damit das Ende ihrer Bühnenlaufbahn ein. |