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WAGNERS BIOGRAFIE    SYNCHRONIK    THEATERSTÜCK    AUSSTELLUNG

Wagnerdämmerung

 

"Die Welt schuldet mir, was ich brauche!", das war seine Maxime. Die Welt war für ihn ein Theater, er selbst sein Hauptdarsteller: Richard Wagner, der am 22. Mai 2013 200. Geburtstag feiert. Er war ein Ausnahmekünstler, der alles, was er dachte, auch realisierte. Und wenn die Bedingungen dafür nicht gegeben waren, schuf er sie. Sein Jünger Heinrich von Stein sagte über ihn: "Er tatet Ideen."

Er war mit 1,65 Metern so klein, dass er fürchtete, ohne Kostümierung übersehen zu werden. Wenn er ausging, trug er meist einen Schlapphut, als "Heckerhut" Symbol der 1848er Revolution, den er auch seinem Wotan aufsetzte. Zuhause trug er ein Rembrandtkostüm mit Holbein-Barett, pelzverbrämte Umhänge und vor allem: Seide, Seide, Seide. Morgenmäntel, feinste Négligés, Capes, Stolas - Kreationen, für die er Unsummen zahlte - vielfarbige Stiefeletten aus Maroquinleder und darunter rosa Höschen mit Röschen und Schleifchen, die er in einem Geheimkabinett anzog, von einer Wiener Damenschneiderin gefertigt.
In allem war er überlebensgroß – lauter, aggressiver, böser als alle anderen: Er wollte ein Theater, das für seine Konkurrenten tabu war, und er kriegte es; er wollte jede Frau, die ihm unterkam, und er kriegte sie. Als Opernkomponist war er sowieso eine Nummer größer als alle anderen: größeres Orchester, größere Tuben, größere Lautstärke und endlose Länge. Das war Wahnsinn mit Methode.

Er war zugleich Prophet und Possenreisser (sein Schwager Emile Ollivier), Hamlet und Don Quichote (Selbstaussage). Seine eigenen Opernfiguren waren, wie er selbst sagte, Spiegelbilder seiner eigenen wechselnden Identitäten. Tragödie und Komödie fanden dabei abwechselnd und gleichzeitig statt. Und jede Helden- oder Schurkenrolle stand dabei für eine bestimmte Phase seines Lebens. Cosima schrieb über diese schnellen Übergänge, sie sei schockiert, wie schnell Wagner von Spaß zu Ernst umschlug.

Und er war Überlebenskünstler, in einem Leben zwischen Absteige und Palast. Bevor er 1842 mit "Rienzi", seinen ersten Erfolg feierte, waren seine Kompositionen alle durchgefallen, man hatte ihn bereits aufgegeben. Aus Riga floh er 1839 vor den Gläubigern, in Paris wäre er 1840 fast verhungert, in Dresden, wo er königlicher Hofkapellmeister war, konspirierte er 1849 gegen seinen Arbeitgeber und wäre um ein Haar wegen Beteiligung an der Revolution für Jahre hinter Gitter gewandert.

Er wusste immer alles besser, war königlicher als der König, anarchistischer als Bakunin und philosophischer als Schopenhauer. Er konnte nicht zuhören, unterbrach jeden, stieß jeden, gleich ob Freund oder Feind, vor den Kopf. Er übertönte alle. Er machte sich über jeden lustig, egal wie ernst das Gespräch war. Gegenüber Männern trumpfte er auf, weil er Alphatier war. War überlaut, gestikulierte, warf sich auf den Boden, vollführte Purzelbäume, kletterte an Fassaden hoch und verblüffte mit Kopfständen. In seiner Welt stand alles Kopf, und alles musste nach seiner Pfeife tanzen. Wenn nicht, stampfte er wütend mit dem Fuß auf wie Rumpelstilzchen. Er machte Frauen den Hof, zielstrebig wie Don Giovanni. Dabei war er Darsteller seiner selbst, Rampensau, immer auf der Szene und im Mittelpunkt. Und er hatte immer das letzte Wort. Nebenbei rauchte er Haschisch und trank Laudanum, das Flüssigopium, dem auch sein Bewunderer Baudelaire zusprach.

Wagner war so groß, weil er so klein war: Von Körpergröße und Zartheit war er gebaut wie ein kleiner Junge, mit einem Riesenkopf wie ein Monster. Angeblich hat ihn sein verhasster Konkurrent Jacques Offenbach in seiner "Ballade vom Klein-Zack" sogar als Zwerg verspottet. Da er sich als zu kurz gekommen ansah, musste er den anderen immer um Längen voraus sein. Überdynamisch, explosiv, mit normalen Maßstäben nicht zu messen. Angetrieben von einem Ehrgeiz, der durch den Kleinwuchs befeuert wurde, übertraf er alle – an Kunst wie an Schlechtigkeit. Er dichtete, philosophierte, komponierte Werke, die heute zum Weltkulturerbe zählen. Sein perfider Judenhass, entstanden aus Neid, gehört leider auch ins Repertoire des Extremkünstlers, für den alles Lebendige nur in feindlichen Gegensätzen existierte, die – wie Siegfried und der Drache – einander bekämpften, bis einer gewonnen und der andere sein Leben ausgehaucht hatte.

Zeitlebens häufte er Schulden auf Schulden. "Luxus muss ich haben! Schönheit, Glanz und Licht!" war seine Erklärung. "Ich bin anders organisiert, ich habe reizbare Nerven!" Allein in Riga, als er noch miserabel bezahlter Kapellmeister war, verbrauchte er 24 Meter Seide und Atlas, 18 Meter Damast, 35 Meter Musselin, Seidentücher aus grünem Florence, elfenbeinerne Stöcke und vier Paar Glacéhandschuhe. Doch als er 1864 endlich im exotischen Bayernkönig Ludwig II. einen Dummen fand, der ihm die Schuldenlast abnahm, verspielte er sich sein Glück aus Arroganz und Überheblichkeit.

Tragisch: Was 1876 der absolute Höhepunkt seines Lebens werden sollte, das Bayreuther Nibelungentheater – von Friedrich Nietzsche die "erste Weltumsegelung der Kunst" genannt - , hing ihm, kaum fertig gestellt, zum Halse heraus, denn alles glich bis aufs Haar dem konventionellen Operntheater, das er eigentlich hatte überwinden wollen – und tut es heute mehr denn je. Wagner wollte ein Turnschuh-Festival mit freiem Eintritt, nicht Thomas Gottschalk neben Roberto Blanco und Angela Merkel. Es wäre ihm ein Gräuel gewesen. Auch litt er darunter, sein Haus im fränkischen "Sauklima" gebaut zu haben und hätte am liebsten alles an seinen jüdischen Impresario Angelo Neumann verkauft, der ihm glänzende Einnahmen versprach. Da er aber nun einmal in Bayreuth festsaß, tröstete er sich durch tägliche Wirtshausbesuche, wo er, seinen Neufundländer Russ zu Füßen (Tierliebe war sein einzig schöner Zug, er unterbrach sogar die Arbeit am "Parsifal", um einen flammenden Aufsatz gegen Vivisektion zu verfassen), Zigarre rauchte, Weizenbier trank und seinen Schlapphut trug.

Noch tragischer: Seine zweite Frau Cosima, um die er wie der Teufel geworben und sie seinem Bewunderer, dem Dirigenten Hans von Bülow, abspenstig gemacht hatte, entpuppte sich schon bald nach den Flitterwochen als Bayreuther Hausdrache. Nicht Richard Wagner stand plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, sondern sie. Er erkränkelte aus Frust, bis er in Venedig 1883 an Herzinfarkt starb – natürlich nach einem Eifersuchtsstreit mit Cosima. Worauf diese es eilig hatte, sich seine Dürer'sche Geniemütze aufzusetzen und sich, zur Sicherheit, den Sargschlüssel um den Hals zu hängen. Sie war der neue Herr von Bayreuth. Womit sich ein Alptraum Wagners bewahrheitete: Er hatte sie als Gottesanbeterin gesehen.

Traumreise durch die Wagner-Welt