Logo Nestroy

Wagner

Bülow
  Charakter
  Cosima
  Dirigent
  Pianist
  Komponist
  Musik
  Wagner

Minna
  Wagners Charakter
  Ehe
  Ehekrise
  Geld
  Liebe
  Minna
  Musik
  Revolution
  Wesendonck

Cosima

 
 
 
 

Minna Planer (Ehefrau No. 1) über ihre Ehe mit Wagner

(Bilanz) [Schwägerin Luise soll sich erinnern], in welchem Verhältnis ich damals, wo ich sehr glücklich gestellt war, ihrem Bruder, der als talentlos, leichtsinnig pp. von der ganzen Familie verstoßen war, meine Hand reichte. Ich führte ihr Richard als den Komponisten des Rienzi und Holländer wieder zurück, und alle dankten es mir. Nicht die verschiedensten Schicksalsschläge hätten vermocht, mich von Richard zu trennen. Ich arbeitete, half ihm nach Kräften, während ich bequem in meinem eigenen Wagen hätte fahren können. Not und Elend band mich nur umso fester an den Mann, der ohne mich damals nicht leben mochte. Seitdem sind nun beinahe 26 Jahre verflossen, 26 vielbewegte Jahre! – Fast ein ganzes Menschenleben. Und ich hätte wirklich ein besseres Ende von allem verdient, als schließlich eine schmachvolle Ehescheidung? Nein, dieses könnte ich nicht ertragen, lieber will ich sterben. (...) Entschuldigen Sie meine Schrift. Ich zittere und die Spanische Fliege, die ich heut in der Frühe legte (blasenziehendes Pflaster, Anm.), schmerzt mich sehr. (1862, an Püber auf W's Vorschlag einer Trennung)

(Bilanz) Könnte ich diese 25 Jahre aus meinem Leben streichen, dann vielleicht würde ich auch wieder lustig. Aber man muss sich nicht versündigen und immer noch froh sein, dass einem das Fell nicht lebendig über die Ohren gezogen worden ist (...) Dass ich meinen Silberhochzeitstag ... allein verleben musste, schmerzt mich heute noch tief. (nach dem 24. 11. 1861, an EH)

(Bilanz) Morgen als den 24ten des Monats wird es 13 Jahre dass wir verheiratet sind, das war ein schlimmes Jahr und ich hatte mich nicht ohne Grund davor gefürchtet. Darum will ich es auch recht prosaisch beschließen und Kartoffeln kochen, es hat nichts besseres verdient. (23.11.1849, an MS)

(Eifersucht) Das kann ich nicht mehr aushalten, und dass es mir ernst damit ist, so kannst Du Dich davon überzeugen, denn meine Koffer sind gepackt. (1837, Königsberg, erinnert von Tochter Natalie)

(Eifersucht) Das Publikum nimmt ihn stets sehr enthusiastisch auf, er wird mehrere Male wieder hervorgerufen und immer empfangen, trotzdem ihn die Presse, besonders die "Times", prinzipiell herunter reißt, was stets auch auf den Beifall des Publikums wirken soll. In einem seiner Briefe sagt er mir, wenn ich einen Blick in das Publikum hineinwürfe, würde ich laut auflachen, was für einen Damenflor ich sehen würde, alle hochrote Mantillen, keine könne das Maul zumachen, dabei sehe man zwei große nackte Zähne. Viele Locken und Rosen im Haar, dabei haben sie aber eine Brille auf der Nase. Ich kann mir da Richard denken, wie alle Illusion bei ihm schwindet. – Glauben Sie mir, dass ich auf meinen Mann gar nicht eifersüchtig bin und darum schwärzer sehe als es nötig ist, auch vertraue ich dergleichen nur Ihnen, keiner anderen Seele an. Gewiss ist aber, dass ihm London schon darum nicht gefällt, weil es dort weniger exaltierte Frauen gibt, die die Werke des R.W. kennen, um ihm den Hof zu machen. Seine Person ist ja nicht, warum man in Schwärmerei geraten könnte, was zwar so ein schwacher Mann nicht glaubt. – Ich bin darüber ganz im Klaren und darum offen gegen Sie, wie auch ruhig im Gemüt. (6.4.1855, an MS, über W, der in London dirigiert)

(Entfremdung) [Die Ehe zerbrach] seitdem Du Dich der unglücklichen Politik zuwandtest, die schon so viele glückliche Verhältnisse zerstörte. (an W)

(Entfremdung) [Ihr einziger Wunsch] nach Rs letzten schönen Erklärungen [den 25. Hochzeitstag nicht mit ihm zu verbringen]. Es würde mir ein zu schmerzlicher Tag sein, den ich kaum überleben würde. (...) Gott weiß es, Richard scheint es gar nicht erwarten zu können, mich unter die Erde zu bekommen (1860, an CC, aus Paris)

(Entfremdung) Ich wohne im obersten Stock, weiß nichts von dem was unten geschieht, bekomme meine Briefe von dem Diener auf mein Zimmer gebracht und interessiert meinen Mann durchaus nichts, was mich betrifft oder wer mir geschrieben, was man mir geschrieben etc. (24.3.1860, an EH, aus Paris)

(Entfremdung) Nur ein reines, edles, freundschaftliches Verhalten, (womöglich ohne einen Kuss, vor dem ich mich jetzt nur ekeln muss), kann zwischen uns bestehen. Eine anständige Behandlung müsste ich mir ausbedingen und mein Haus müsste auch von einer gewissen Sorte, mir verächtlicher Geschöpfe gesäubert bleiben (1864, an CC, [Cosima war bereits im 5. Monat mit W's Tochter Isolde schwanger])

(Entfremdung) Sie sind in großem Irrtum, wenn Sie glauben, dass ich mit Richard so ein Häckelleben führe, mich öfter mit ihm zanke, wie es wohl bei verschiedenen Leuten der Fall ist. Gott sollte mich davor bewahren, nein, das ist eine andere Sache bei uns. Kein Wort fällt meinerseits über das was seinerseits geschieht, nichts Gebrummtes oder Gemaultes gibt es da, aber der sogenannte Hofton ist es, den ich hasse, dieser existiert bei uns. Kein Vertrauen, keine Herzlichkeit mehr, die sonst bei uns heimisch waren, über alles wird geschwiegen, nicht ein gemütliches Beraten, Besprechen was oft gut war. Oft sehe ich Richard außer der Esszeit den ganzen Tag oder auch Abende nicht mehr, doch frag ich nie wo er war; ich weiß es, aber bin nicht mehr so dumm wie früher. (...) Diese Dame [Blandine, Liszts ältere Tochter] merkt aber, dass ich nicht mit ihr verkehren will und unterlässt seit einiger Zeit die häufigen Besuche, die sie meinem Mann machte, lieber soll er zu ihr gehen, ich will nichts wieder mit solchen Geschöpfen zu tun haben, sie nicht wieder bedienen, so steht es. Ich bin hier nicht Frau, was mir auch recht ist, dazu fehlt die Liebe und müssten nicht solche Rohheiten von meinen Mann mir angetan worden sein. Haushälterin bin ich auch nicht, dazu fehlt mir der Gehalt, Freundin aber auch nicht, dazu fehlt das Vertrauen, welches mir unwürdige Personen geraubt haben, was also habe ich für Grund, dass es mir gefallen soll. Wegen den seidnen Kleid, welches ich als die Frau des berühmten R. W tragen muss, dazu fehlt mir die Eitelkeit, die ich wohl auch schwerlich auf meine alten Tage erlangen werde, ich war es in meinen jungen Jahren nicht. Warum bin ich auch hier, warum hörte ich nicht auf das Abraten der guten einsichtsvollen T[ichatschek] oder meinen innern Widerstreben. Nichts hat sich geändert. Hätt ich eine Freundin d.h. eine alte nicht die neuen Bekanntschaften lieb, um mich dann und wann wenn es mich drängt aussprechen zu können, ich hielt es für ein wahres Glück für mich und würde mich erleichtern. So kann ich nichts, muss Alles einfressen. (10.2.1860, an MS, aus Paris)

(Fürsorge) Aber der Himmel weiß, immer ist etwas bei uns los, besonders bin ich in Anspruch genommen, wenn Richard krank ist. (1851)

(Fürsorge) Ich habe immer schrecklich viel zu tun gehabt, mein Mann versteht es schon einen herum zu hetzen, überhaupt mein ganzes Leben gleicht mehr einer Hetzjagd, als einem vernünftigen Leben. (...) Gewiss hätte ich Ihnen schon früher gern geschrieben, aber wir sind wieder einmal ausgezogen ... und da gab es, da ich kein Dienstmädchen habe, für unsereinen alle Hände voll zu tun, zumal wenn man es ... ein bisschen hübsch machen will. (1851, an MS)

(Neid) [Die Stadt Paris], in der so viele alberne Menschen leben, besonders Weiber, die mich auch hier um den Besitz dieses großen Künstlers beneiden, lieber wäre es mir, man beneidete mich um meinen braven Mann, den Menschen! (1860, aus Paris)

(Sorge) 4 Monate vom Hause fortbleiben ist wirklich ein Stück Leben und niemals würde ich das mehr zugeben, da ich überhaupt in gewissen Sachen über meinen Herrn Gemahl nicht ruhig sein kann. - Es gefällt ihm dort nicht besonders, kann er auch das neblige Klima nicht vertragen und ist immer unwohl. (6.4.1855, an MS, als W in London dirigiert)

(Streit) Halb tot hast Du mich geärgert und gekränkt und halb tot habe ich mich darüber gegrämt. (Mai 1862, Notiz auf einem Brief von W)

(Trennung) [21.2.1862:] Alles war vorbei, ohne dass ich nur ein Wort sagte. Er tobte, brüllte ohne Grund, dass es mich nichts anginge, er könne korrespondieren mit wem er wolle usw. ... Wir saßen eben wieder beim ersten Frühstück, richtig, da kam schon wieder ein dicker Brief von diesem Luder der W[esendonck] an. Ich aber sagte wieder kein Wort darüber. Mein Richard jedoch fing wieder an, sich in eine wahre Berserker Wut hinein zu schreien, da sagte ich nur nun, allerdings, es ist ein wunderbarer Zufall. Diese Worte spottete er mir nach, wie die Gassenbuben zu tun pflegen, ich sagte, dass er mich schmähen könne wie er wolle, ich würde ihn nichts antworten, so tobte er richtig dreiviertel Stunde fort bis ich ihm endlich sagte, dass er das Recht einer Frau, welches ich allerdings aus Rücksicht für ihn und aus Bescheidenheit nie geltend gemacht hätte, gar nicht kenne, und dass ich mir allerdings diese Korrespondenz von Gottes und des Rechtes wegen verbieten müsste, da sie einen so sichtlich schlechten Einfluss auf ihn ausübe. Dieses Alles sagte ich ruhig, obgleich mich beinahe der Schlag vor Ärger getroffen. Den darauf folgenden Tag [22.2.1862] wurden die Kisten worin unsre Möbel sind, auf dem Zollamte geöffnet und umgepackt, da kam ein Beamteter, der mir ankündigte, dass schon ein paar Tage eine Kiste dastünde, die mit der Post gekommen wäre. Ich meinte es gut weil ich weiß dass R. sich mit dergleichen nicht gerne befasst ich ließ also das Kistchen öffnen in der Meinung dass es Noten wären um es zu verzollen da war es aber wieder von diesem Weibe ein gesticktes Kissen Tee, Eau de Cologne, eingewickelte Veilchen. Jetzt hatte ich natürlich wieder einen Skandal zu erwarten, der dann auch nicht ausblieb ich mag es nicht wiederholen was ich wieder hören musste trotzdem ich diesen Unband himmelhoch bat mir vor den Leuten die Schande nicht anzutun. Ich richtete Richard seine drei Zimmer mit unseren Möbeln so schnell wie möglich ein wozu ich 5 volle Tage brauchte und somit brachte ich mit Hin und Herreise einen Tag in Wiesbaden Darmstadt Mainz die eben genannte Zeit zu. Gott lob, dass ich wieder in meiner friedlichen Zelle bei meinem Jacquotchen bin. Leider musste ich mich von Neuem überzeugen dass es dieser grässliche Mensch unmöglich macht schon jetzt mit ihm zusammenleben zu können, bis er von dem Schicksal d.h. wenn es ihm schlecht gehen wird nicht etwas kuriert sein wird ... Ach Gott, ich war so abgespannt von diesem sinnlosen Geschrei, dass ich am zehnten Tag anfing, mein Bündel zu schnüren, was auch Richard recht gern sah. (6.3.1862, an CC über das Ende in Biebrich)

(Trennung) Er freute sich unsäglich, als er mich sah und vergoss sogar Tränen. Gott, ich sah mich schon um, wo ich wohnen würde. (...) Den ersten Morgen, als wir beim Frühstück saßen, mein Mann teilte mir soeben seine nächsten Pläne mit, da kam ein Brief von Frau Wesendonck an ihn. Ich war im Wege, aus war es! – Die traulichen Mitteilungen verwandelten sich sogleich in Toben und Schreien gegen mich, dass ich mir völlig vorkam, als ob etwas Böses begangen hätte, und kaum von meiner kleinen Arbeit, die ich mir gesucht hatte, aufzublicken wagte. Ach und wie gleichgültig war mir im Grunde genommen diese Korrespondenz. Wenn ich nur etwas weniger darunter zu leiden gehabt hätte (1864 an CC, über Wiedersehen mit W in Biebrich 1862)

(Trennung) Er sagt zum Beispiel, »wir hätten nie zusammengepasst, er habe sich seit unserer Verheiratung unglücklich mit mir gefühlt, hätte sich mit Gewalt überwunden, mit mir zu leben, ich hätte ihn nie verstanden ... Schließlich sagt er noch, dass er nur noch ewig getrennt von mir glücklich sein könne, er möge mich nie wiedersehen, reißt sich mit tausend blutigen Tränen von mir los, nennt mich seine treueste, liebe Leidensgefährtin, vor der Respekt zu haben er jedem raten wollte, und bietet mir endlich als Ersatz für meine mit ihm nutzlose verlebte Jugend, die Hälfte seines Almosens an ...« Was sagen Sie nun? Hat ein genialer Mann das Recht auch ein Schuft zu sein? (...) Das schwöre ich Ihnen und wenn ich einen zehnfachen Hungertod sterben müsste, so könnte ich es nicht über mich gewinnen, von einem solchen Mann wie W. der sich so verächtlich benimmt etwas anzunehmen, ich würde an einem einzigen Bissen Brot ersticken, das versichere ich Ihnen. (...) [Bittet, ihre Mutter von] diesem Richardstreich [zu informieren. MS soll die frühen Briefe aufheben und den engsten Freunden einmal zur] Rechtfertigung vorlegen, da es mir nicht gleichgültig sein kann, wie ich vor ihnen dastehe. [Sucht eine Anstellung als Wirtschafterin:] Sie wissen was ich leiste und verstehen kann, und wie sich überhaupt auf meine Bravheit zu verlassen ist, die keiner Rekommandation zum Nachteil gereichen würde. (22.5.1850, an MS aus Zürich / Affäre Laussot)

(Trennung)Nachdem ich Deinen Brief, worin Du Dich für eine ewige Trennung von mir entschieden aussprichst, gelesen hatte, war ich auf das tiefste erschüttert und angegriffen und konnte mich nur der Entschluss, zu Dir selbst nach Paris zu reisen, einigermaßen augenblickliche Beruhigung geben um aus Deinem Munde selbst jene fürchterlichen Worte zu vernehmen ... Niemand vermochte mich also von meinem Vorhaben abzubringen. Ich ging Sonntag als den 21ten auf die Post, wohin mich unsere treuesten Freunde Baumgartner und Sulzer tief betrübt über Deinen unerhörten Entschluss begleiteten. Mittwoch Nachmittag kam ich erst in Paris an, mein erster Gang war natürlich zu Frank um Deine Adresse zu erfahren, dort erfuhr ich aber leider; dass Du schon mehrere Tage fort wärst, wohin wussten sie nicht. Deinen Freunden hattest Du wohl weißlich Deinen neuen Aufenthalt verschwiegen. Kietz traf ich mehrere mal nicht, endlich! Ich fuhr mit ihm Sonnabend früh nach Montmoranzi, da hörte ich nun abermals, Du seist schon Donnerstag abgereist. Wenn Du noch einen Funken Menschengefühl – lange Tage bin ich in diesem verhängnisvollen Paris umhergeirrt – hast, kannst Du ermessen, wie mir zu Mute sein musste. In der fürchterlichsten Gemütsbewegung hatte ich die lange Reise gemacht, und konnte Dich nicht erreichen: Richard, jetzt habe ich fester als jemals die Überzeugung, dass es eine Vorsehung gibt, sonst wäre ich diesmal durch diesen harten Schlag den Du mir gabst um meinen Verstand gekommen. Ich beschwöre Dich, was geht in diesem Jahre wieder in Dir vor? Nichts ist Dir heilig, nichts ist Dir mehr zum Zerstören geblieben, als unser eheliches Glück, darum reißest Du die kleinlichsten, ungerechtesten, verächtlichsten Beschuldigungen vom Himmel, Dich vor Vorwürfen zu verwahren, redest Dir Dinge ein, die zwischen uns nie bestanden, belügst Dich endlich selbst, um eine abscheuliche Handlungsweise, die Du abermals an mir begehst, zu beschönigen. Keine Vorwürfe will ich Dir hiermit machen, aber vergönnt muss mir sein, mich auf jene kränkenden Beschuldigungen, wogegen sich alle meine Fiebern empören, zu verteidigen. Freilich führe ich die ungewohnte Waffe schlecht und ich stehe, wie Du jetzt bist, einen sehr gefährlichen Kämpfer gegenüber; dennoch sei es gewagt, ich biete meinen letzten Rest von Kraft und Mut auf, und der Himmel gebe, dass Du erkennen wolltest, dass ich den Mut (die Wahrheit) aus den tiefsten Grunde meiner gedrückten Seele schöpfte. Zuerst sprichst Du von dem gänzlichen Verschiedensein unseres Wesens, ich gestehe, nie hörte ich auch nur ein Wort von Dir darüber, dass wir nicht zusammen passten, als nur jetzt nachdem wir nun schon im 14ten Jahre verheiratet sind – Du sprichst von frühsten fortgesetzten bösen Auftritten, gestehst mir für dergleichen ein gut Gedächtnis zu, eben darum entsinne ich mich deren wohl die Du von schrecklicher Eifersucht getrieben wiederholt herbeigeführt, nachdem diese überwunden, haben wir uns beide so gut verstanden, so glücklich miteinander gelebt wie es wohl selten bei Eheleuten der Fall sein wird. Nur seit zwei Jahren, seitdem Du Dich der unglücklichen Politik zuwandtest, die schon so viele glückliche Verhältnisse zerstörte, hatte ich allerdings unkluger Weise heftige Auftritte mit Dir nicht vermieden, ich konnte Dich nur darin nicht verstehen, nur so viel war mir mit meinem einfachen Verstande klar, dass Dir aus dem revolutionären Treiben kein Heil erblühen würde. Ich eiferte daher auch mit dem Umgang mit Bakunin und Röckel, weil ich sah welch verderblichen Einfluss sie auf Dich, selbst auf Deine Gesundheit ausübten, das war mir verzeihlich, denn nur um Deinetwillen setzte ich mich den heftigsten Auftritten mit aus. Darum wir aber in Zürich selbst keine mehr gehabt haben. Nun trägst Du ungerechter Weise diese auf unsre ganze Vergangenheit über. Nur Deiner Kunst, die ich verehre, vergöttre, wollte ich Dich erhalten, den Genius, der in Dir wohnte, den solltest Du walten lassen, nicht gewaltsam und feindlich solltest Du Dir entgegentreten, es wäre ja auch die Zeit wiedergekommen, wo Du alle Deine Wünsche erfüllt gesehn, nur die Geduld durftest Du noch nicht gleich verlieren. Ich sah mit unsäglichem Schmerz, wie Du von der Bahn der Kunst, von Deutschland, dem ich Dich so gern erhalten wollte, losrissest, mir war immer das schmerzliche Gefühl, als rissest Du Dich auch von mir los. Niemals habe ich mich geschämt zu sagen, dass ich zu Dir nach Zürich ginge, ich gab mir das Wort, um Deinen Feinden keinen Grund zu neuen Lästerungen zu geben, gegen Jedermann zu sagen: ich ginge zu Dir nach Paris. Eben so wenig ist mir in den Sinn gekommen, mich gerühmt zu haben, Leiden mit Dir ertragen zu haben, ich nannte nur jene Pariser Mission um Dein Verdienst damals um so mehr hervorzuheben, als meine Pflicht, Dir nach Kräften beizustehn und nur wer nie seine Pflicht erfüllte, sie gar nicht kannte, kann sie andern zum Verbrechen anrechnen, wie Du mir in Deinem Brief es tust, dennoch geht die Pflicht, namentlich bei einem Weibe nur aus Liebe hervor, und immer habe ich mit Liebe Mut selbst mit Lächeln das Schlimmste ertragen, wie wäre es wohl auch anders möglich gewesen. Ich hatte niemals ein persönliches Interesse, blicke gerecht auf mein ganzes Benehmen gegen Dich zurück. Endlich erniedrigst Du mich noch so, dass Du Dich nicht einmal scheust zu schreiben, ich wäre in den ungeheuren Irrtum zu dem Wagner nach Zürich gekommen, der im Auftrag eine Oper für Paris schreiben sollte, ich frage dich hierauf: Was warst Du denn als ich Dich heiratete? Es ist mir leid, dass ich es Dir sagen muss, Du warst immer ein armer, verlassener, unbekannter unangestellter Musikdirektor, und was standen mir damals für Aussichten bevor! – O Richard es steht schlimm um Dich, Du verwundest mich aufs Neue furchtbar! Dass ich Dich hier nicht zurückhielt, durfte ich auf Anraten des Arztes nicht mit Recht, Du wurdest jeden Tag zwilliger, heftiger, dass es mir einleuchtete, eine Veränderung der Luft, der Beschäftigung, die Dich von Deinen Launen ableitete. Die Zeit der Aufführung Deiner Ouvertüre rückte heran, Liszt schickte das Geld, Du selbst hattest keine Ruhe mehr, nun bin ich schuld gewesen Dich aus Lieblosigkeit fort gedrängt zu haben. Besinne Dich nur, wie Du mich vierzehn Tage vor Deiner Abreise mit Sulzern in Tränen fandest und so viele Tage vorher schluckte ich während dem Essen nichts als Tränen so oft ich an Dein Fortgehn dachte. Ich wurde jedesmal elend vor Sehnsucht nach Dir, ich war dem unruhigen Richard Wagner nach der Entfernung immer bitter und böse, dass er immer die Ursache war, und mir meinen Mann von der Seite riss, O, mein Gott was soll ich Dir noch sagen, wenn ich eine kleine Überraschung auffinden konnte, die Dir Freude machte, war ich glücklich! – Mein ganzes Thun und Schaffen in unsrer Häuslichkeit war ja nur um Dir es recht zu machen, Dir zu gefallen und so von frühester Zeit an, tat ich ja Alles aus Liebe, sogar meine Selbstständigkeit die ich so hoch hielt, gab ich freudig auf, um Dir ganz angehören zu können. Was Dein geistiges Gedeihen betrifft, beglückt mich das Bewusstsein, dass Du Alles, was du Schönes geschaffen, nur in meiner Umgebung schufst, und darin verstand, begriff ich Dich vollkommen, Du machtest mich ja auch immer so glücklich, sangst und spieltest mir fast jede neue Szene vor. (8.5.1850, Briefentwurf an W, noch ohne zu ahnen, dass Jessie Laussot der Grund war)

(Trennung) Vor ein paar Tagen erhielt ich auch wieder einen Brief aus Venedig von Richard, der jetzt schon Heimweh nach Bequemlichkeit hat, ich will nicht sagen, nach mir; er schlägt mir schon vor; dass ich auch nach Karlsruhe übersiedeln soll, wohin er nächste Ostern schon kommen will und die Erlaubnis dazu schon jetzt so ziemlich hat, um sein Tristan dort aufzuführen. Nun liebste Freundin, müssen Sie aber nicht glauben, dass mein Kummer über diese Trennung derart ist, dass ich gern und bald wieder mit meinen Mann zusammen sein möchte, O nein, mir graut vor einen Zusammensein mit diesem Menschen, der mich seiner Liebe wegen, die er zu einer anderen Frau [= Wesendonck] fasste, roh und gemein behandelte und wer steht mir in Zukunft dafür; dass er in seinen älteren Jahren sich schwach zeigt, in diesen Punkt, dass er diese Passion nicht behält, was bei alten Männern sehr oft der Fall ist und ich dasselbe wieder durch zumachen habe. (24.9.1858, an MS)

(Trennung) Vorigen Sonntag kam ich von einer 14tägigen Rheinreise zurück. Richard schrieb mir nämlich sehr empfindlich, dass er in Biebrich (ein grässliches Nest) auf jeden Fall bleibe um seine neue Oper dort ungestört komponieren zu können. Niemand aber habe er, der ihm sein Leben etwas erleichtern und es ihm etwas bequem mache, er müsse sich mühsam ein paar Möbel zusammenborgen, um existieren zu können. Kurz er wurde sehr bitter. ... Diese Reise ist keine Kleinigkeit, besonders bei dieser rauen Jahreszeit wo nicht einmal auf dieser Tour erwärmte Wagen sind, ich habe mich beinahe tot gefroren. Ich reiste von hier um 6 Uhr Abend, so direkt wie möglich und kam den folgenden Tag gegen 2 Uhr Mittag in Biebrich an. Richard freute sich ungemein als ich kam, er hatte mir vor Freude beinahe den Kopf abgerissen, er war wirklich recht gut. (6.3.1862, an Tochter Natalie)

(Trennung) Will er eine gänzliche Scheidung, so sage ich: Nein! Er soll sich gedulden, bis Gott uns scheidet. Trennung? – er hat sich ja schon getrennt, da ich seit Jahren allein in der Welt herumgestoßen werde. Er kann nach Dresden kommen, wann er will, er soll dann stets sein Asyl finden. (16.6.1862, an den Arzt Pusinelli über W's Vorschlag einer Trennung)

(Widerstand) Eine gutmütige Stiefelputzerin gebe ich nicht mehr ab. (1849, an W vor ihrer Ankunft in Zürich)

CC = Cäcilie, Wagners Lieblingsschwester, mit dem Buchhändler Eduard Avenarius verheiratet, der die Pariser Niederlassung von Brockhaus leitete.

EH = Emma Herwegh, Freiheitskämpferin und Salonistin, Frau von Georg Herwegh

JS = Jakob Sulzer, Staatsschreiber in Zürich, mit Wagner seit 1849 eng befreundet.

MS = Mathilde Schiffer, Freundin Minna Planers in Dresden