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Cosima

 
 
 
 

Minna Planer (Ehefrau No. 1) über Wagners Musik

[Er dichtete nicht, er] schriftstellerte.

[Minna stellt nach der ersten Gesamtprobe des Pariser Tannhäuser fest, W habe] die schöne Ouvertüre seines Tannhäuser gestrichen und dafür einen Wust von Venusspukereien hinzugeschrieben. (10.2.1861, an Tochter Natalie)

[Über Rienzi-UA:] Die Oper wird noch in mehreren Vorstellungen gegeben: Kinder, ich bin glücklich, meine höchsten Wünsche sind erreicht! (21.10.1842, an CC)

[Über Tristan:] Ich will nichts von dem Triumph dieser Oper wissen, die ich ohnehin nicht leiden kann, da ich ihre Veranlassung kenne. Der Text ist abscheulich, fast unanständig liebesglühend. (15.12.1858, an JS)

[W soll sich] durch das Aufgeben seiner Pläne nicht so sehr niederbeugen ... Er muss den göttlichen Genius walten lassen, seine Werke ins Leben rufen und neuer Ruhm und Lorbeer werden ihm erblühen, kurz er möchte doch die Möglichkeit herbeiführen, jenes Geld, das er doch nur als ein Darlehen betrachten könne, einstens mit Dank wieder zurückerstatten zu können. (an MS aus Zürich)

Auf meiner Weiterreise hatte ich noch manchen aufregenden Genuss, so hörte ich noch am Tage meiner Ankunft in Leipzig in einer großen Gesellschaft viel aus Lohengrin vortrefflich singen, dies war ein Vorschmack der Weimarischen Aufführung des Lohengrin, die mich sehr ergriff, trotzdem der Hauptträger in dieser Oper eigentlich erbärmlich war, manche Stellen konnte er gar nicht singen, musste schweigen, war als Darsteller ein Langstoffel ohne Stimme. Dagegen ergriff mich die Musik ganz wunderbar mächtig, nur schade, dass mir alles zu schnell vorüber eilte, ich hätte sie fast halten mögen um das Ganze so recht in mich aufnehmen zu können. Ich wohnte, wie Sie wussten, bei der Fürstin und lebte natürlich dort im größten Luxus, dennoch sehnte ich mich nach Einfacherem, nach einer Stunde Ruhe des Alleinseins, was leider nicht zu ermöglichen war. In Frankfurt hörte ich den Tannhäuser ausgezeichnet gut, mit wenig Ausnahme Tichatschecks und Mitterwurzer, sonst die Übrigen alle bessere, frische schöne junge Stimmen, die Ausstattung ebenso gut wie die in Dresden, die Kapelle, der Kapellmeister unübertrefflich! Kurz, ich war ganz hingerissen von Wonne und Entzücken. Heulte unaufhörlich, dass man sogar den folgenden Tag von meinem sichtlichen Ergriffensein in den Zeitungen davon geschrieben. (7.11.1854, an MS)

Dabei kann ich einen gewissen Stolz nicht unterdrücken, dass er diese Opern [Rienzi und Tannhäuser] nebst dem Fliegenden Holländer und Lohengrin während unserer früheren Verheiratung geschrieben, die ihn namhaft gemacht. Wagners Künstler Periode teilte in zwei, die erstere gehört mir, das sind die eben genannten Opern – die letzte aber, Nibelungen, besonders aber auch Tristan und Isolde, – war ich leider nicht so glücklich ihn beeinflussen zu können oder zu dürfen. (an die Fürstin Sayn-Wittgenstein)

Es ist jetzt für uns eine aufregende Zeit, da sich die Opern Richards immer mehr verbreiten, noch nie fühlte er seine Verbannung, als bei diesem Anlass, besonders auch Berlin, da dieses gewissermaßen auch das Organ Deutschlands ist; das Gefallen dort kann ihm eben so viel nützen als es im entgegengesetzten Fall auch schaden kann. Der Onkel ist dann sehr aufgeregt, dass er die Proben und Aufführung nicht persönlich leiten kann, ich habe deshalb viel zu leiden. – Ihr müsst Geduld und Nachsicht mit ihm haben, auch Deinen lieben, guten Vater, den ich herzlichst grüßen lasse, bitte ich um Nachsicht, Langmut, für seinen unruhigen Bruder! (1.11.1852, an Ws Nichte Johanna)

Ich liebe diese Oper [Lohengrin] sehr, und die Hauptpartien wurden besser als in Berlin durchgeführt, deshalb hätte ich Dich an meine Seite gewünscht, um sich mit mir zu stärken. Ich muss mich öfter an Richards Werken erheben und kräftigen, sonst könnte ich keinen freundlichen Brief an ihn schreiben (unter uns gesagt). An mir hat er gewiss eine glühende Verehrerin seiner frühen Werke. Mir ist es, als hätte ich sie mitgeschaffen, da ich ihn während dem pflegte, alle häuslichen Sorgen allein auf meine Schultern nehmen durfte. Wie so ganz anders war es in den letzten Jahren unseres Beisammenseins. (29.8.1859, an EH unter dem Eindruck der Dresdner Erstaufführung des ›Lohengrin‹)

Ich verstehe, was das heißt, wenn ein Komponist sein eigenes Werk noch nicht gehört, zumal wenn es aufgeführt wird. Die Sehnsucht von Richard ist so mächtig, dass er sehr viel von Paris-gehen spricht, um sich wenigstens Scenenweise von einem guten Orchester (privatim) vorspielen zu lassen, um die Musik einigermaßen kennen zu lernen. Hier sind die Kräfte nicht vorhanden ... die Verhältnisse doch zu erbärmlich. (...) Seine Reizbarkeit ist ärger als sonst, die Nerven machen ihm viel zu schaffen woran hauptsächlich die abscheuliche Wasserkur, die er vor einem Jahre brauchte und jetzt noch zu Hause fortsetzt, schuld ist. (...) Wenn Richard sich einmal für etwas begeistert, so muss es bis auf den letzten Grund ausgetitscht werden, selbst wenn er dabei seinem Verderben entgegen geht, kein Abraten hilft. (...) Während ich Dir diesen Brief schreibe, bin ich wenigstens dreißigmal unterbrochen worden; denke Dir darum das Unzusammenhängende zusammenhängend. (1852, an W's Nichte Johanna, dass W Lohengrin nicht gehört hat)

Mein armes, armes Männel! Dass ist ja wahrhaft herzzerreißend und Schaudererregend was Du mir schreibst. Allerdings hat Du recht, was Du über das letzte und nächste (ausgenommen die Tannhäuser Ouvertüre) Konzertprogramm sagst. Darum braucht man sich nicht 4 lange ewige Monate von seiner ganz guten Frau zu trennen, um sich in so langer Zeit in London wie ein verlorenes Schäfchen herum zu treiben und sich auf dass fürchterlichste ennuyieren und die schlechteste Musik zu dirigieren, nicht wie eigentlich früher gesagt worden, nur klassische und gute gehaltvolle Musik. – Ich begreife schon, dass die Direktoren der Philharmonie Rücksichten auf ihre Winkelkomponisten zu nehmen haben, dass sie endlich im Winter und fünften Konzert dergleichen Schund müssen aufführen lassen nur durften sie Dich nicht dazu hinüberrufen, da wäre Hiller etc. an seinem Platz gewesen. (4.5.1855, an W in London, der sich beklagt, leichte Kost dirigieren zu müssen)

Mein größter Stolz und Vergnügen war unstreitig, Dich an der Spitze der bedeutendsten Kappe von ganz Deutschland zu sehen. Du wirst Dich entsinnen, dass ich fast keine Vorstellung, die Du dirigiertest, versäumte, ich sah nur Dich und war glücklich! Was ich hörte, glaubte ich, ging nur allein von Dir aus. Don Juan war Deine letzte Oper hier, sie wird mir noch lange eine wehmütige Erinnerung sein. Die neunte Sinfonie wird mir aber durch Dich ewig unvergesslich sein. Du erschienst mir wie ein Gott, der alle mächtigen Elemente regierte und die Menschen bezauberte. – Dir selbst, streite es mir nicht ab, machte es große Freude, solche Mittel, solche Kräfte vereinigen zu können und zu einem großen Ganzen zu verschmelzen. Sieh, lieber Richard, Du besitzest die Kraft, die herrliche Gabe, Großes selbst als Dirigent zu schaffen, und weichst so von der Bahn der Kunst ab, dass Du jetzt in Zürich ein Konzert zusammenbringen willst, mit welchen Mitteln? Wie ist Dir dabei? Mir ist es sehr traurig, nichts mehr von alledem ... So lebe denn wohl! Papo ruft, Peps bellt Dir seinen Gruß zu! (3.8./ 11.8.1849, an W vor ihrer Ankunft in Zürich)

Merkwürdigerweise blieben wir noch mehrere Tage gänzlich, ausgenommen der Ihrigen, ohne eine Nachricht von der Aufnahme des Tannhäuser, unsere einigen Freunde, Fischer, Heine, Uhlig hatten sich einer auf den anderen verlassen, bis endlich der arme kranke Uhlig uns schrieb. Sie meine liebe Mathilde haben also den Sieg davon getragen, die erste gewesen zu sein, die das bange erwartete Schweigen auf so liebevolle Weise gebrochen hatte. Die guten Krähwinkler können sich im Dresdner Anzeiger noch immer nicht beruhigen, dass man von einem solchen Hauptspitzbuben wieder eine Oper auf dem königl. Theater bringt, und diese Opposition gerade ist es, die Lüttichau bestimmen soll, auch den Lohengrin diesen Winter zu geben. Die Partituren von Tannhäuser hat man bereits zur Aufführung in diesen Winter für folgende Theater bezogen: Prag, Rostock, Riga, Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Berlin, in Wiesbaden und Breslau ist er bereits mit dem größten Beifall gegeben worden, in letzterem Ort in 4 Wochen sogar 12mal bei brechend vollem Hause. Es scheint, als wollte sich die Wagnersche Musik Bahn brechen. Gott gebe es, möchten diese erfreulichen Erfolge belebend auf seinen Geist, seine Gesundheit ebenso einwirken, damit ich, seine nächste Umgebung, nicht so furchtbar von seiner Unruhe, seinen Launen zu leiden habe. Gewiss, meine teuere Freundin, ich muss oft meine ganze Vernunft und Kraft zusammen nehmen, nicht einmal die Geduld zu verlieren, aber ich glaube denn doch, dass ich auch Nerven habe, es überfällt mich manchmal ein Weinen, wogegen ich gar nichts tun kann, bis sich der Tränenquell von selbst wieder schließt und dieses nur in Folge des ewigen Gestachels und der Aufregungen. (19.11.1852, an MS, die von der Aufführung des "Tannhäuser" berichtete)

Ohne alle Übertreibung kann ich Ihnen versichern, dass wohl noch kein Komponist mit mehr Jubel von einen großen fremden Publikum aufgenommen wurde als Richard von dem hiesigen [Paris]. Nicht nur, dass er von dem eleganten zahlreichen Publikum mit Beifallssturm empfangen wurde, auch die Musiker rasten völlig nach jeder beendeten Piece. Nochmaliger Hervorruf folgte ebenfalls. Die Presse benimmt sich ebenfalls ohne alle Bestechung, nicht a la Meyerbeer; höchst nobel, oft auch fast enthusiastisch, nicht wie die Journalisten in Dresden gegen ihren Landsmann, trotzdem sie von Meyerbeer bezahlt sind. Trotzdem das große schöne Theater jedesmal noch voller wurde, dass für die letzten beiden [Aufführungstage] sogar schon mehrere Tage vor der Aufführung kein Billett mehr zu haben war, sind die Kosten so entsetzlich groß, dass Richard eher noch darauflegen kann, statt dass er etwas Rechtes für seinen vergossenen Schweiß hätte, doch der Gewinn kommt nach sobald man seine Opern erst hier geben wird, die leider schon jetzt gefordert werden, aber immer noch nicht übersetzt sind ... Richard selbst ist so ungeduldig, dass er nächsten Mai die ersten Sänger Deutschlands sich will kommen lassen, um sich endlich seinen Lohengrin und Tristan vorzuführen, doch hoffe und wünsche ich, nachdem ich bei diesen Konzerten die Mühe gesehen habe nicht, dass es zu Stande kämme, auch denke ich, dass die Zeit bis dahin um die Dekorationen fertig zu bekommen zu kurz ist und den Tristan allein möchte doch wohl nicht geraten sein, ich bin, wie Sie wissen, nun einmal gegen diese Oper; vielleicht mit Unrecht. – Ich wünsche, dass Wagner hier wirklich zu etwas käme, da man ihn, wie es doch den Anschein hat, für alle Zeiten aus seinem Vaterland verbannt hält, und sich hier die Fürsten und Großen um ihn reißen. Wollte er die Einladungen zu diesen täglich annehmen, würde ich ihn nicht viel zu sehen bekommen, allein er kann es nicht vertragen, muss sich sehr schonen. (10.2.1860, an MS aus Paris)

Seit Wagner von seiner Herbstreise zurück ist, arbeitet er sehr emsig, was mich ganz glücklich macht; er ist dann so froher Laune und es ist angenehm mit ihm zu verkehren. Das Rheingold hat er soeben fertig komponiert. Das Ganze ist ein Riesenwerk, mit dem er in einigen Jahren erst zu Ende kommen kann. (1854, an Caroline Uhlig)

Sie [W und Bülow] musizierten aus der Walküre, die Richard nun für ein volles Jahr beiseite gelegt, um des lieben Geldes willen, was leider der gefräßige Lebensunterhalt braucht. Wagner hat bereits die Dichtung schon vor drei Wochen fertig und heißt Tristan und Isolde, ist noch ein bisschen Geheimnis, komponiert auch schon recht fleißig daran, es ist mir recht leid, dass bei diesem großen Werke der Walküre eine Unterbrechung stattfinden muss, allein Tannhäuser, der immer etwas Geld brachte, hat nun doch so ziemlich die Runde auf allen Theatern gemacht, dass keine Einnahme mehr davon zu hoffen ist. (29.10.1857, an MS)

Vorige Woche wurde seine Tannhäuser-Ouvertüre im letzten der hiesigen Abonnementskonzerte aufgeführt, wenn auch die Mittel nicht so wie in Dresden vorhanden, so zeigten die Musiker viel Fleiß und guten Willen, dass es Richard wahrhafte Freude gemacht hat, sie ihnen einzustudieren. Das Publikum war ganz erstaunt, etwas so ganz Neues zu hören, und Richard wurde noch einmal stürmisch auf seinen Dirigententritt gerufen und man schrie unaufhörlich da capo, was aber nicht stattfinden konnte, da die Musiker vorher schon viel gespielt hatten und auch noch unter R's Leitung eine Beethovensche Sinfonie zu spielen hatten. (22.3.1852, an MS)

Was Dein geistiges Gedeihen betrifft, beglückt mich das Bewusstsein, dass Du Alles was Du Schönes geschaffen, nur in meiner Umgebung schufst, und darin verstand, begriff ich Dich vollkommen, Du machtest mich ja auch immer so glücklich, sangst und spieltest mir fast jede neue Szene vor ... (~1838, im Umfeld Rienzi & Riga, später niedergeschrieben)

Wir leben hier sehr zurückgezogen, das Theater ... ist mein einziges Vergnügen, es ist gewiss nicht schlecht, zumal die Oper, sehr gut. [Es wurde die Oper "Die Stumme von Portici" gegeben], die aber W. aus Laune nicht dirigierte. Montag ist Don Juan, diese wird er übernehmen. Leider gibt es nicht lauter Mozartische Musik. (1850, an MS)

CC = Cäcilie, Wagners Lieblingsschwester, mit dem Buchhändler Eduard Avenarius verheiratet, der die Pariser Niederlassung von Brockhaus leitete.

EH = Emma Herwegh, Freiheitskämpferin und Salonistin, Frau von Georg Herwegh

JS = Jakob Sulzer, Staatsschreiber in Zürich, mit Wagner seit 1849 eng befreundet.

MS = Mathilde Schiffer, Freundin Minna Planers in Dresden