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Cosima

 
 
 
 

Minna Planer (Ehefrau No. 1) über die Wesendonck-Affäre

(Asyl) [Wesendoncks beziehen im August 1857 die Villa, Wagner schenkt Minna zwei neue Kleider], damit ich in den Wesendonck'schen Salon, besonders zur Taufe des jüngsten mit den anderen Gästen anständig erscheinen konnte, denn Richard findet selbst, dass ich mich in ihrer neuen brillanten Einrichtung etwas bauver [pauvre, arm] ausnahm. (an MS [?])

(Asyl) Der Umgang mit der Familie Wesendonck ist uns sehr angenehm, zumal die Zürcher selbst doch immer Stockfische bleiben, nur mit wenigen Ausnahmen. (13.3.1854, an MS)

(Asyl) Richard ist seitdem wir hier sind noch nicht einmal grob gegen mich gewesen, ist der heitersten Laune, freut sich über unser Glück, was uns Gott und Wesendoncks recht lange erhalten mögen und arbeitet sehr fleißig. (7.6.1857, an MS)

(Asyl) Wahrscheinlich erinnern Sie sich noch des hübschen Häuschens, welches das nächste neben dem Wesendonckschen Grundstück ist, es muss Ihnen seines schönen Gartens wegen aufgefallen sein, auch glaube ich, dass wir öfters davon gesprochen, wie sehnlichst wir schon Jahre lang gewünscht, der Ruhe wegen, die Richard als Komponist ebenso nötig wie der Maler das Licht, bedarf, ein Häuschen allein zu bewohnen. Dieses besagte Haus mit Garten neben Wesendoncks Grundstück gelegen, hatte im vorigen September ein Irrenarzt gekauft, um dort eine Irrenanstalt zu etablieren, was natürlich der Familie Wesendonck nicht gleichgültig sein konnte eine solche unheimliche Nachbarschaft zu haben. Daher, O welches Glück für uns, sah sich Herr W veranlasst mit etwas Rücksicht für uns dieses allerliebste Häuschen war sehr teuer, zu kaufen und uns zur Miete zu überlassen, wovon er keineswegs zu seinen Interessen kommt, da er eben nur denselben Zins von uns verlangt, was wir hierin den Eschenhäusern zahlen (800 Franc). Unsere jetzige Wohnung kündigten wir zugleich und vermieteten sie auch schon nach einigen Tagen darauf, für 900 franc. In fünf Wochen, also noch vor den Osterfeiertagen ziehen wir schon hinaus, um alle Blüthen und Blätter gleich von Anfang an entsprießen zu sehen, welche Wonne. (...) Auch Früchte aller Art, als Aprikosen, Pfirsiche, Weintrauben sind vorhanden. Gemüse erbaue ich auch selbst ... gebe nur der liebe Gott, dass man so weit gesund ist, um es lange genießen zu können. (23.2.1857, an MS)

(Asyl) Wir hatten das hübsche Haus mit dem reizenden Garten schon mehrere Jahre beliebäugelt, doch nun nicht mehr gehofft, unseren langen, heißersehnten Wunsch jemals erfüllt zu sehen. (...) Daher [damit in der Nachbarschaft keine Nervenheilanstalt eingerichtet wird] o welches Glück für uns sah sich Herr Wesendonck veranlasst, mit etwas Rücksicht für uns, dieses allerliebste Häuschen war sehr teuer, zu kaufen und es uns zur Miete zu überlassen. (1857, an die Fürstin Sayn-Wittgenstein)

(Ahnungen) Ich kann nicht lange schreiben, es greift mich an. Nur bitte ich Sie, behalten Sie das, was ich Ihnen vertraue, um Gotteswillen für sich. Tichatscheck wollte behaupten, als er bei uns in Zürich war, dass er die ganze Affäre schon in Dresden vernommen hätte, weil ich sie an irgend jemanden geschrieben hätte, ich korrespondiere mit niemanden dort als mit Ihnen, der Frau Tichatschek deutete ich nur sehr wenig an, also bitte, bitte meine Freundin bleiben, und das, was ich Ihnen vertraue, verschweigen! (9.9.1858, an MS)

(Ahnungen) Kein Mensch weiß es noch. Wenn Sie mir darüber schreiben, so bitte ich Sie, mir Ihre Meinung auf ein Blatt Papier besonders zu schreiben, damit es R niemals sieht, der oft Ihre Briefe liest, sobald er sie zu Gesicht bekommt. (30.4.1858, an MS)

(Ahnungen) Nachdem mir schon von mehreren Seiten Verschiedenes zugeflüstert wurde, was ich nicht glaubte, nur musste mir auffallen, dass R. zu oft, wenn der brave Mann nicht zu Hause war, hinüber ging und diese tägliche Korrespondenz und das Geschicke von der Frau, die fragen ließ ob Herr Wagner gut geschlafen, er solle doch hinüber kommen, der Wintergarten sei geheizt, ja, sie kam sogar selbst, verbat aber meinem Mädchen mich nicht erst zu stören, ich blieb auch aus Dummheit unten bei mir und ließ sie ungestört. Am 6t. waren sie beide des Abends bei uns, den 7t. merkte ich Richard eine sonderbare Unruhe an, bei jedem Klingeln kam er heraus und hatte eine große Rolle in der Hand, die er der Frau Wesendonck schicken wollte, aber sie nicht aus der Hand gab, als ich sie ihn besorgen wollte, und sehr verlegen war, versteckte usw. Das alles machte mich ein wenig stutzig. (30.4.1858, an MS)

(Bilanz) Ich bin, was den Punkt der Nachsicht für die Männer betrifft, ebenso aufgeklärt und habe schon manches nachgesehen und nicht bemerken wollen, so wie andere Frauen, ich bin ja 6 volle Jahre blind nebenher gelaufen. (2.8.1858, an MS)

(Mathilde) ... da sie gewöhnlich alles unbeachtet oder nur mit kaltem Blick betrachtet. (1857, an MS [?])

(Mathilde) [fürchtet sich vor Wiedersehen] mit dieser verhassten Frau ... Wie würden Sie sich wohl gegen eine solche Person, die sich heimlich mit ihrem Mann Du nennte benehmen? (...) ich werde gar nicht reden können, so zuwider ist mir die Frau von der ich nicht einen Faden mehr tragen oder annehmen werde (...) Sie werden mit Gottes Hilfe noch lange gesund bleiben und vergnügt sein können. Sie haben keinen Mann! Mit mir aber kann es plötzlich enden, mein Leiden ist gefährlich! Das sagt der Arzt oft kopfschüttelnd ... Ich sehe ganz bleich aus und bin ganz mager geworden. Laufen kann ich auch nur höchst langsam, die Beine tragen nicht. (1858, an MS, von ihrer Kur in Brestenberg)

(Mathilde) [Mathilde] war schon öfter bei uns zum Tee und Mittagessen. (...) Sie ist [nach der Entbindung] wieder jünger geworden, ich freue mich auf die Nachbarschaft recht sehr. Liszt will ich verzeihen, dass er mir durch sein dummes Geschwätz solche Unruhe gemacht, es ist nichts davon wahr. Die Frau Wesendonck hat doch wie gewiss wenig Weiber sehr solide Grundsätze, was nicht jedem recht ist [gemeint ist W]. Außerdem glaube ich, dass diese Frau mich wirklich liebt und achtet, da trägt etwas bei, gute Grundsätze nicht so leicht zu erschüttern, kurz, ich bin über diesem Punkt vollkommen ruhig. (16.2.1856, an MS)

(Mathilde) [Minna teilt Mathilde mit] dass ich den Verräter nicht machen wollte, aber auch nicht den Zuschauer mehr abgeben würde, ich leide es nicht, dass der Beste der Männer [Otto] betrogen würde. Diese Person wollte nun die Beleidigte spielen, bis ich ihr von dem Briefe und seinem Inhalt sagte ... Sie versprach mir alles, die Vertraulichkeiten einzustellen, das ich glauben muss, denn ich bin hier. Richard versprach mir dasselbe und wollte mir Gewalt mir die Reinheit seines Verhältnisses mit Gutem und Bösem einreden, wie lächerlich! (30.4.1858, an MS)

(Mathilde) [W hat ihr gesagt:] "Du, wir müssen uns trennen, die Wesendonck, wir haben eine Leidenschaft füreinander und sie leidet es nicht, dass wir ferner zusammen sind, sie kann dich nicht ausstehen, ist eifersüchtig auf Dich, usw." (Dies sind Äußerungen, die nur aus dem rohesten Gemüte entspringen können.) Ferner besuchte Mad. Wesendonck meinen Mann heimlich und umgekehrt, verbat meinem Knecht, als er ihr die Türe aufmachte, dass er mir nicht sagen sollte, dass sie oben sei; ich habe dies alles ruhig geschehen lassen. Es ist ja so häufig der Fall, dass Männer ein Verhältnis haben, warum sollte ich es nicht auch von den Meinigen dulden? Eifersucht kannte ich ja nicht. Nur die Gemeinheiten, diese Kränkungen hätten mir erspart werden sollen, und es mir mein lächerlich eitler Mann verbergen müssen. (23.4.1859, an JS)

(Mathilde) Auf Deinen freundschaftlichen Rath damals war ich bei der bewussten Frau, benahm mich ganz, wie wir beide es nicht anders gekannt, d. h. nobel. Sie war auch höchst dankbar und freundlich gegen mich, begleitete mich noch Hand in Hand bis an die Treppe und alles war abgemacht und gut, hinterher jedoch, hat sie sich's anders überlegt. Ihrem Manne hat sie gesagt, ich hätte sie furchtbar beleidigt, ohne ihm jedoch die reinste Wahrheit über das gepflogene Verhältnis gesagt zu haben. Zu Richard hat sie nun gar ein Hallo gemacht, wie tief und abscheulich ich sie gekränkt, trotzdem ich delikat genug war dieser Frau nicht einmal den verhängnisvollen Brief zu zeigen, den ich doch in meiner Tasche trug. So sind aber die gemeinen, kleinlichen Naturen, nichts als Klatsch und Hetzereien können sie machen. Ich mochte der Betreffenden meine Unterredung mit ihr nicht verbieten zu verschweigen, was sich bei einer klugen Frau wohl von selbst verstanden hätte und es konnte unter Umständen, wenigstens äußerlich, beim Alten bleiben. – Wie es jetzt steht, werde ich Dir mündlich noch mitteilen, nur soviel noch, dass mein Herr Gemahl nicht mehr jenes Haus betritt, ob aus Stärke oder Schwäche weiß ich nicht. (15.6.1858 , an EH)

(Mathilde) Der schwache, blinde Mann, der, als ich nichts Böses, nichts von seiner Liebe zu jener Frau merken wollte, wurde durch seine Eitelkeit zur Rohheit gegen mich getrieben ... Was aber konnte ich dafür, dass jene Frau meinen Mann so schön, so uninteressant fand, dass sie unsere alte, beinahe 22jährige glückliche Ehe trennte und er mich als die Behinderin seines Glückes hasste und mich noch hasst? Ich habe es ihm und ihr angeboten, dass ich ihnen nicht hinderlich sein wollte, dass sie sich angehören müssten. Doch sie zog es vor, die reiche Kaufmannsfrau zu bleiben und mochte nicht die Frau eines armen Künstlers werden. warum haben diese beiden Menschen mein Anerbieten damals nicht angenommen? (25.1.1864, an CC)

(Mathilde) Liszt will ich verzeihen, dass er mir durch sein dummes Geschwätz solche Unruhe gemacht, es ist nichts davon wahr. Die Wesendonck war außer sich, dass mir so etwas begegnen könnte. Richard habe ich natürlich gar nichts davon gesagt. (7.11.1854, an MS)

(Mathilde) Mit blutendem Herzen muss ich Ihnen vor meiner Abreise noch sagen, dass es Ihnen gelungen ist meinen Mann nach beinahe 22jähriger Ehe von mir zu trennen. Möge diese edle Tat zu Ihrer Beruhigung, zu Ihrem Glück beitragen. Es ist mir leid, dass Sie mich, durch sehr gehässige Äußerung über mich, zwingen, Ihnen eine wörtliche Abschrift jenes verhängnisvollen Briefes, den mein Mann an Sie zu richten sich erlauben durfte, vorzulegen wo ich mich nach Durchlesung endlich entschloss, zu Ihnen zu gehen um mich in Freundschaft zu besprechen. Mögen Sie Sich nun selbst fragen, was Sie darin an meiner Stelle getan haben würden. Fest überzeugt, dass Sie meine noble gute Absicht nicht verkannt, als ich das letzte Mal Sie sah in Bezug meiner Besprechung mit Ihnen, leider aber musste ich nur zu bald erfahren, dass Sie mein Vertrauen missbraucht und einen ganz gewöhnlichen Klatsch daraus gemacht hatten. Sie hetzten meinen Mann wiederholt gegen mich auf und verklagten mich sogar ungerecht und unvorsichtig bei Ihrem guten Mann an. Bei meiner Zurückkunft nach dreimonatlicher Abwesenheit erklärte mir mein Mann, dass ich mit Ihnen mich in persönlichen Verkehr setzen müsste. Ich gab nach einigen Exzessen auch nach, wollte den Mantel der Vergessenheit über das Vorgefallene decken; nur ein abscheuliches Gerede, welches entstanden sein sollte, niederzuschlagen und auf richtig gestanden nur das Asyl zu erhalten, doch vergebens, es war jedenfalls zu spät – Sie wollten es nicht und Sie hatten recht daran getan, es ist das Einzige wofür ich Ihnen zu danken vermag. (September 1858, an Mathilde Wesendonck)

(Mathilde) Wesendoncks wohnen seit 2 Monaten neben uns in ihrem schönen Haus, die Einrichtung königlich. Wir sehen uns die Woche doch einige Male. Vor einem Monat musste ich der jungen Frau Wesendonck meinem Herzen Luft machen, sie benahm sich gegen mich auf einmal sehr hochmütig und albern, dass ich die Einladungen ausschlug. Da hat sie mich aber wieder um Verzeihung gebeten, und nun bin ich ihr Richards wegen wieder gut. (29.10.1857, an MS)

(Trennung) [Mir ist] so traurig zu Mute, dass ich sterben möchte. Es ist keine Kleinigkeit, wenn man beinahe 22 Jahre verheiratet ist und eine Trennung bevorsteht .... Da helfen alle Wasser der Welt nicht, wenn solche Gemütsunruhen in einen stürmen (...) Richard reist schon vorher fort, doch weiß ich nicht wohin, vielleicht nach Italien. Das ist meine nächste traurige Zukunft, die ich mir nie hätte träumen lassen. (...) Er leidet zuweilen, doch nicht um mich und ich nur um ihn. (August 1858, an MS)

(Trennung) [W ging an ihrer Seite] ohne auch meinen Schmerz nur im geringsten zu beachten. Er hatte keine Gedanken, keinen Blick und Gefühl für mich und meine Tränen. (1858, an MS, über die Abschiedstage)

(Trennung) Dass ich in letzterer Zeit auf den Anlass einer unerfahrenen, vom Glück getragenen, gewiss- und herzlosen Frau durch meinen schwachen, eitlen Mann die tiefsten Kränkungen ertragen, wird Ihnen nicht ganz unbekannt geblieben sein. Leider ist es ja, nur mit sehr wenig Ausnahmen, so oft der Fall, dass Männer mit Frauen in intimster Freundschaft leben, doch verbergen sie mit einem gewissen Feingefühl ihr Verhältnis, während mir auf das Gemeinste und Rohste ins Gesicht geschrien wurde, dass jene Frau mich nicht ausstehen könnte, eifersüchtig auf mich sei und durchaus unsere Trennung wollte usw. Wirklich hatte ich auch unausgesprochen den Wunsch jener übermütigen Frau erfüllt, da mir mein Leben von einem leidenschaftlichen Manne zur Hölle auf Erden gemacht wurde. Mein Schmerz über unsere Trennung war unaussprechlich. Ich hätte keinen größeren empfinden können, wenn ich W zur letzten Ruhestätte begleitet hätte; dennoch musste sie sein, nach dem, was vorhergegangen war: Gott mag es dieser Frau verzeihen und jeden Kummer von ihr abwenden! Ich habe ihr und meinem Angehörigen verziehen; dennoch aber wäre es mir nicht möglich, mich sobald mit meinem Herrn Gemahl zu vereinigen, d.h. mit ihm zusammen zu sein. Dass ich die Sache noch einmal gegen Sie erwähne, mag Ihnen ein Beweis sein, wie lebhaft noch Alles vor meiner Seele steht und dass vor der zweiten Hälfte nächsten Jahres kaum daran zu denken sein wird, dass ich mich entschließen werde können, meine Zukunft mit W zu teilen. – Ich bin so elend geworden, dass mich meine Freunde und Verwandte kaum gekannt haben; ich brauche noch lange Ruhe und Frieden, um nur einen geringen Teil meiner Gesundheit wieder zu gewinnen. Fast möchte ich wünschen, dass er es mit seiner Freundin einige Zeit versuchen möchte, vielleicht wäre das eine gute Kur für seine Krankheit. (15.12.1858, an JS)

(Trennung) Der Abschied von Richard hat mir fast das Herz zerrissen. Hätte ich ihn zu Grabe geleitet, ich hätte keinen größeren Schmerz empfinden können, ich konnte das Gefühl, dass ich ihn in diesem Leben nicht wiedersehen würde, nicht los werden. Der Abschied wurde mir auch deshalb so schwer, weil ich das Gefühl hatte, das dies eine Trennung für das ganze Leben sei, Richard vergaß nur Tränen, als er auf der Eisenbahn im Waggon saß; vorher hatte er keine Gedanken, keinen Blick und kein Gefühl für mich. Als ich ihn noch den Weg herunter in den Garten begleitete, wo man das Wesendonck'sche Haus sehen kann, ging er wie ein Blinder an meiner Seite und sah unverwandt hinüber ohne meinen Schmerz, mit dem ich ihm zur Seite ging, nur im geringsten zu beachten, bis ich ihn bei den Händen fasste und ihn sanft zu mir mit den Worten wandte: "Richard, sieh mich doch an!" (21.8.1858, an MS)

(Trennung) Es schmerzt mich, dass Sie mir in Ihrem letzten Brief kund geben, als wäre ich allein die Ursache, dass ich mich von meinem Mann trennen wollte. Sie wissen nur zu gut, wenn Sie mich genau befragen, wie schwer mir jedesmal nur einen Tag Trennung von ihm wird, viel weniger nun auf das Ungewisse hin, ob und wann ich ihn wiedersehe. Es ist keine Kleinigkeit, wenn man 22 Jahre verheiratet ist und eine Trennung bevorsteht, ich wenigstens komme nicht so leicht darüber hinweg. Läge es an mir, so versichere ich Ihnen, geschehe es gewiss nicht. ... Richards Ehre verträgt es jetzt einfach nicht, hier zu bleiben, da der Mann [Otto], ich weiß nicht wie, auch von dem Verhältnis erfahren hat. Als ich zurückkam, wurde ich so heftig von meinem Mann bestürmt und bedroht, dass ich mit jener Frau wieder umgehen sollte, ich gab auch nach, wollte diesen gewaltigen Sprung machen, das ist wirklich Alles mögliche, was eine Frau an meiner Stelle tun kann, allein der Mann und endlich dieses Weib selbst wollen es nicht, sie ist so, wurde mir von meinem Mann selbst zugeschrieen, wütend, dass ich bleibe, nur R. allein soll hier hausen, was er aber nicht kann, so liebe Freundin, stehen die Sachen, nicht ich bin schuld. R. hat zwei Herzen, er ist umstrickt von der andern Seite und hängt aus Gewohnheit an mir, das ist Alles! Mein Entschluss ist nun, da dieses Weib es nicht ertragen will, dass ich mit meinem Mann zusammen bleibe und er schwach genug ist, ihr den Willen zu tun, abwechselnd in Dresden bei den Tichatschecks [Sänger des Rienzi, Tannhäuser und Lohengrin in Dresden, Anm.], dann in Berlin, Weimar zu bleiben, bis mich entweder Richard oder der Liebe Gott abruft ... Ich hasse die Welt, dass die schwachen Menschen einander solche Qualen bereiten, wobei der Unschuldige mitleiden muss. (2.8.1858, an MS)

(Trennung) Heut vor 8 Tagen war der schwarze Tag für mich, an dem mich mein Mann verließ und noch empfinde ich denselben Schmerz, ob und wenn ich ihn wieder sehen werde, Gott weiß, es liegt zu viel zwischen einem Jahre. – Dein letzter Brief enthielt für mich auch nicht das geringste Tröstliche, im Gegenteil. Nun ich habe so viel zu verschmerzen, vielleicht gewöhne ich mich noch an manches Unnatürliche in dieser Welt. – Unser Häuschen hat sich in ein Trauerhaus verwandelt, während es in meiner mittelbaren Nähe recht lustig hervorgeht, was mich, ich möchte sagen, recht beleidigt, auch dies werde ich bald nicht mehr sehen, Es war mir lieb in Deinem Brief zu sehen, dass du das Hündchen vermissest, es ist doch noch ein Funke von Gefühl für uns armen Geschöpfe zurückgeblieben in Dir. Ich habe die Überzeugung, dass es nicht gar zu lange dauern wird, dass du Dich auch nach Deiner bequemen, hübschen Häuslichkeit sehnen wirst, vielleicht aber sehr viel später, auch einmal nach mir, die ich wahrscheinlich nicht mehr existier, das ist auch gleichgültig; aber Du wirst Dich später selbst verwünschen, Dich aus allem herausgerissen zu haben und Deine treue Frau so mutwillig von Dir verbannt zu haben. Ich und vielleicht noch Einige, können es nicht begreifen. – Doch ich wollte Dir eigentlich gar nichts von alledem schreiben, auch das wird aufhören, aber es fließt mir unwillkürlich aus der Feder und nur ein Rachegefühl steigt in mir auf, es gibt leider keinen Gott! Ich bin gar keine edle Frau, dennoch aber immer noch besser als manche Andere, es ist auch ein Dank; ob man edel ist oder nicht, ich bedaure nur, dass ich es lange war ... Entschuldige eine unglücklich gekränkte Frau darum. Es ist auch möglich, dass du noch einmal recht lustige Briefe von mir bekämst, es lässt sich das, wie Vieles, nicht im Voraus wissen. Da ich mit so vielem Vergnügen meine Geschäfte besorge, muss ich Dir doch auch mitteilen, dass ich eben vom Kaufhaus komme, um dort Deine Möbel etc unterzubringen. In der ganzen Enge [Stadtteil von Zürich] habe ich keine Kammer gefunden, wo die Treppen breit genug waren Dein Sofa und die großen Kisten hinaufzubringen ... Gott beschütze Dich und erleuchte meinen einst guten Mann. (24.8.1858, an W)

(Trennung) Ich bin durch all das Unangenehme, was ich noch am Schluss meines Fortgehens von Zürich auszubaden hatte, und die Anstrengung dazu haben mich noch unwohler gemacht und so durch und durch gründlich verstimmt, dass ich nur Verwandten zumuten kann, mich bei sich aufzunehmen. Deshalb auch gehe ich erst im November nach Dresden, obwohl mich Tichatscheks wiederholt eingeladen, sogleich zu ihnen zu kommen. Meine Nerven sind so angegriffen, dass ich nicht einmal Musik hören kann, am allerwenigsten aber welche von Wagner, was mir sonst das Liebste auf dieser Welt war. (11.9.1858, an Cosima)

(Wagner) Sonntag vor 8 Tagen war ich daheim, aber nur 23 Stunden ... Ich wollte aber, ich wäre nicht dort gewesen. Bis die Nacht um 2 Uhr hat der liebe Richard seine Galle gegen mich ausgeschüttet. (14.6.1858, an MS über Kurzbesuch während ihrer Brestenberger Kur in bei W im Asyl)

(Wagner) [Sie hat sich Mühe gegeben und Wagner] gewissenhaft, ohne eine Miene zu verziehen die Briefe der Wesendocnck überreicht, und dafür brüllte er mich auf das roheste an, und packte mich so heftig, [dass sie noch wochenlang] die blauen Flecken seiner 5 Finger [am Arm gesehen habe]. (1860, an CC, aus Paris)

(Wagner) Allein der Mann und endlich dieses Weib selbst wollen es nicht, sie ist so, wurde mir von meinem Mann selbst zugeschrien, wütend, dass ich bleibe, nur R. allein soll hier hausen, was er aber nicht kann, so, liebe Freundin, stehen die Sachen, nicht ich bin schuld. (1858, nach Minnas Rückkehr aus der Kur in das Asyl)

(Wagner) Liebster Richard! Dies wird nun mein letzter Brief von hier aus [bei Ws Schwester Klara in Chemnitz] an Dich sein. Heut über 8 Tage reise ich mit Hund, Vogel und Natalie, die ich künftigen Dienstag mit Jacquot hier erwarte, nach Dresden und ziehe sogleich in meine kleine Wohnung bei den alten Fräuleins Rottorf, Marienstraße No 9 ein, was mir recht lieb ist. Die gute Tichatschek schrieb mir nämlich, vor ein paar Tagen, dass sie mir meine kleine Wohnung ganz hübsch hätte herrichten lassen und es mir zu meiner Bequemlichkeit habe mit allem Nötigen versehen, habe sogar, mit etwas Küchengeschirr, was ich wahrscheinlich nicht brauche, da ich zu Kocherei für mich allein durchaus keine Lust habe. Es hat mich wirklich recht gefreut von der guten Frau, meint es doch einer gut mit mir. Vielleicht, ich will sehen, ob ich die Möbel für meinen Aufenthalt dort behalten darf, was mir natürlich große Kosten ersparen würde, wenn ich nicht erst nötig hätte, die Sachen aus Zürich kommen zu lassen. Der Tichatschek schrieb ich, dass ich mir nun meine Effekten würde kommen lassen, deshalb wurde sie genötigt, mir diese geheime Überraschung zu verraten, was mir um ihretwillen völlig leid war. Dass ich sobald eine Antwort auf meinen Brief an dich erhielt, freute und überraschte mich, ich muss Dir hier bedeutend näher sein als in Zwickau, dort erhielt ich oft den 6. Tag erst Deine Briefe und hier den 4. Tag schon. Auch schrieb mir die liebe Frau, dass als vergessen die 50 Louisdors von Hannover an Dich abgehen würden, der Intendant und Kapellmeister waren zur 9. Vorstellung auch wieder gegenwärtig, wozu früh 10 Uhr kein Billett mehr zu haben war. Die Direktoren wären wahre Toren, wenn sie sich durch die Nichtaufführungen des Rienzi gute Einnahmen verscherzen würden. Du hast recht, wenn Du mich damit hänselst, bei meiner zu großen Bescheidenheit kam ich mir selber höchst komisch vor, als dass ich die Schenkung des Rienzi nur scherzweise erwähnen konnte, es war mir darum lieb, dass Du es auch nur als solchen aufgenommen hast, ich will es nicht wieder tun. Nun aber mein lieber Richard forderst Du mich durch die Einlage an Klärchen und die darin befindliche Drohung an Mathilde [Schiffner] schreiben zu wollen auf, Dir auf das heiligste versichern zu müssen, dass das gute Geschöpf unschuldig ist, sie weiß nichts von der letzten Geschichte, hat mir nur früher nach Zürich noch geschrieben und zwar ganz erschrocken und mit innigstem Bedauern für uns, ob es wahr sei dass wir uns deshalb scheiden ließen (wofür mich für alle Zeiten Gott bewahren möge) weil Du eine reiche sehr poussierte Baronin heiraten wolltest; eine Frau Kälberle, die den Sommer in Zürich gelebt, hatte diese schöne Neuigkeit in Dresden erzählt. Ich schrieb Mathilden sogleich, dass nichts an diesem hässlichen Gerede wahr sei, worüber sie höchst froh war, weiter weiß sie nichts, sie wird sich also sehr wundern einen Brief von Dir zu erhalten. – Überhaupt, mein lieber Richard, musst Du ja nicht glauben, dass der wahre Grund Deines Fortgehens von Zürich nicht bekannt sei, nimm dies, was ich Dir über diesen Punkt sage ja nicht als einen Vorwurf hin, ich selbst erscheine den Leuten ruhiger, als ich wirklich innerlich bin, höchstens ein Beben meiner Stimme lässt mich vernehmen, ich aber verrate gewiss nichts, hätte selbst Klärchen nichts zugestanden, wenn sie nicht schon Alles von meinem Kommen gewusst hätte. Ihr ältester Sohn hatte diese schöne Neuigkeit mit aus dem Gesangsverein gebracht, ich musste Dir das, auf Deine ungerechte Beschuldigung sagen, was ich Dir gern verschwiegen hätte. Die Nachricht aus Dresden, werde ich Dir einmal mitteilen, wenn es sein muss, ist aber durchaus nicht von der Mathilde, wie Du sehen wirst. – Glaube mir, es bedarf bei mir keineswegs einer äußeren Anregung meine Wunden aufzureißen, das sehen die Menschen wohl, und vermeiden es auch darüber zu sprechen, sie bluten ohnehin hart, sie wurden mir zu tief geschlagen, magst Du es mir glauben, dass ich sogar bete, dass mich es Gott vergessen lassen soll aber leider bis jetzt immer noch vergebens, hab ich einmal das überwunden, dann bin auch ich gerettet. – Du hast mich sehr elend durch all diese Kränkungen und Beleidigungen die ich dieses Verhältnisses wegen erleiden musste, gemacht. Du weißt es ja, dass kein Wort über die damalige Bordeauxgeschichte [Affäre Laussot] gegen Dich wie überhaupt nicht über meine Lippen gekommen ist, aber ich hatte auch nicht so zu leiden als bei der Letztvergangenen. (28.10.1858, an W nach Venedig)

CC = Cäcilie, Wagners Lieblingsschwester, mit dem Buchhändler Eduard Avenarius verheiratet, der die Pariser Niederlassung von Brockhaus leitete.

EH = Emma Herwegh, Freiheitskämpferin und Salonistin, Frau von Georg Herwegh

JS = Jakob Sulzer, Staatsschreiber in Zürich, mit Wagner seit 1849 eng befreundet.

MS = Mathilde Schiffer, Freundin Minna Planers in Dresden