1813 – 1832 Jugend – Erste Komposition, erste Revolution
Ein Kriegskind kommt zur Welt (1813-1814)
Als Richard Wagner an einem Sonnabend geboren wurde, „am 22. Mai 1813 in Leipzig auf dem Brühl im ,Roten und Weißen Löwen', zwei Treppen hoch“ (Brühl 3), wie er in „Mein Leben“ schreibt, hielten französische Truppen die Stadt besetzt, und im nicht allzu fernen Dresden lagen preußische und russische Soldaten. Das normale bürgerliche Leben, das Leben in der Stadt und das des Staates waren aus der Ordnung und kamen auch in den folgenden Wochen und Monaten nur schwer ins Reine. Jahre der Unruhe und des Elends lagen zurück, der Kampf zwischen Napoleon und seinen Gegnern um die Vorherrschaft in Europa ging seinem Ende entgegen und mit ihm eine Zeit der Kriege, die auch die Familie Wagner mehrfach betroffen hatten.
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Völkerschlacht bei Leipzig (1813) |
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Wagners Mutter Johanna Rosine |
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Geburtshaus in Leipzig auf dem Brühl |
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Ludwig Geyer, Wagners Stiefvater |
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Leipzig (1820) der Markt |
Richard Wagner war das neunte Kind des Polizeiaktuars Carl Friedrich Wilhelm Wagner (1770 – 1813) und seiner Frau Johanna Rosine (1778 – 1848). Der Vater, ein studierter Jurist und sehr erfolgreicher Beamter in sächsischen Diensten, hatte eine ausgeprägte Neigung zum Theater und zur Literatur, kannte Goethe und Schiller und war, wie E.T.A. Hoffmann bemerkte, der ihn im Juni 1813 in Leipzig kennenlernte, ein „exotischer Mensch“. Die Mutter, Tochter des Bäckermeisters Pätz aus Weißenfels an der Saale, war eine schöne Frau und musisch begabt.
Schon kurz nach seiner Geburt war Richard erstmals auf der Flucht. Die Mutter verließ das kriegsgebeutelte Leipzig zusammen mit den Kindern, zog für kurze Zeit ins nahe gelegene Stötteritz (heute ein südöstlich vom Zentrum gelegener Stadtbezirk Leipzigs), um den militärischen Wirren zu entgehen und weiter ins böhmische Teplitz. Nach der Rückkehr nach Leipzig ließen die Wagners ihren jüngsten Sohn am 16. August 1813 in der Leipziger Thomaskirche auf den Namen Wilhelm Richard taufen. Kurz danach, am 26./27. August, errang Napoleon bei Dresden einen letzten Sieg, bevor er vom 16. bis 19. Oktober endgültig in der „Völkerschlacht“ bei Leipzig besiegt wurde.
Als Richards Vater am 23. November mit dreiundvierzig Jahren an Typhus starb, eine Folge des Krieges, heiratete Ludwig Geyer (1778 – 1821), langjähriger Freund der Familie, Schauspieler, Maler und Dichter, Richards Mutter am 28. August 1814 und siedelte mit der Familie nach Dresden über.
Jugend in Dresden (1814-1827)
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Carl Maria von Weber |
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"Der Freischütz" von Weber – Wolfsschlucht |
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Wagners Schwester Rosalie |
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E.T.A. Hoffmann, Ideengeber |
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Die Kreuzschule in Dresden |
Als die Familie Wagners - der kleine Richard war gerade anderthalb Jahre alt - im Spätsommer 1814 von Leipzig nach Dresden in die elegante Moritzstraße zog, zählte die Haupt- und Residenzstadt des Königreiches Sachsen zu den Zentren der Deutschen Romantik. Caspar David Friedrich, der Porträtmaler Gerhard von Kügelgen, der Arzt und Maler Carl Gustav Carus lebten hier; E.T.A. Hoffmann gastierte mit der Secondaschen Theatertruppe, Carl Maria von Weber leitete die Königliche Hofkapelle und verkehrte freundschaftlich mit den Wagners.
Wer Wagner in das einstige Elbflorenz folgt, um sich sein dortiges Wirken zu vergegenwärtigen, benötigt viel Phantasie: Das Bombeninferno vom 13. Februar 1945 hat von der Stadt, in der der Künstler seine Kindheit und frühen Schuljahre verbrachte, als Königlich Sächsischer Hofkapellmeister mit den Uraufführungen von „Rienzi“, dem „Fliegenden Holländer“ und „Tannhäuser“ seinen künstlerischen Durchbruch erzielte und fast allen wesentlichen Werkplänen erste Konturen verlieh, wenig mehr als einige traurige, verrußte Ruinen übriggelassen.
Richard war von früh auf mit der Welt des Theaters und der Literatur vertraut. Sein Stiefvater Ludwig Geyer betätigte sich als Schauspieler, Dichter und Maler, sein Bruder Albert wirkte als Sänger und Regisseur, die älteren Schwestern Rosalie und Luise waren Schauspielerinnen.
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Das Moretti-Theater in Dresden |
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„Was mich […] beim Besuch des Theaters, worunter ich auch die Bühne, die Räume hinter den Kulissen und die Garderobe verstehe, lebhaft anzog, war weniger die Sucht nach Unterhaltung und Zerstreuung, wie beim heutigen Theaterpublikum, sondern das aufreizende Behagen am Umgang mit einem Elemente, welches den Eindrücken des gewöhnlichen Lebens gegenüber eine durchaus andere, rein phantastische, oft bis zum Grauenhaften anziehende Welt darstellte. So war mir eine Theaterdekoration, ja nur eine – etwa ein Gebüsch darstellende – Kulisse, oder ein Theaterkostüm und selbst nur ein charakteristisches Stück desselben, als aus einer andern Welt stammend, in einem gewissen Sinne gespenstisch interessant, und die Berührung damit mochte mir als der Hebel gelten, auf dem ich mich aus der gleichmütigen Realität der täglichen Gewohnheit in jenes reizende Dämonium hinüberschwang. So blieb mir alles, was zu theatralischen Aufführungen diente, geheimnisvoll, bis zur Berauschung anziehend, und während ich mit Altersgenossen Aufführungen des „Freischütz“ nachzuahmen suchte und mit großem Eifer hierbei mich der Herstellung der Kostüme und Gesichtsmasken durch groteske Malerei hingab, übten die zarteren Garderobengegenstände meiner Schwestern, mit deren Herrichtung ich die Familie häufig beschäftigt sah, einen fein erregenden Reiz auf meine Phantasie aus; das Berühren derselben konnte mich bis zu bangem, heftigem Herzschlag aufregen. Trotzdem daß, wie ich erwähnte, in unserem Familienverkehr keine, namentlich in Liebkosungen sich ergehende Zärtlichkeit herrschte, mußte doch die stets nur weibliche Umgebung in der Entwicklung meines Empfindungswesens mich stark beeinflussen.“ (Richard Wagner: „Mein Leben“ (ML))
Bald machte Richard eigene Bühnenerfahrungen: „Nachdem mich „Die Waise und der Mörder“, „Die beiden Galeerensklaven“, und ähnliche Schauerstücke, in welchen ich meinen Vater die Rollen der Bösewichter spielen sah, mit Entsetzen erfüllt hatten, mußte ich selbst einige Male mit Komödie spielen. Bei einem Gelegenheitsstücke zur Bewillkommnung des aus der Gefangenschaft zurückkehrenden Königs von Sachsen – „Der Weinberg an der Elbe“, mit Musik vom Kapellmeister C.M. von Weber, entsinne ich mich, bei einem lebenden Bilde als Engel ganz in Trikots eingenäht, mit Flügeln auf dem Rücken, in schwierig eingelernter graziöser Stellung figuriert zu haben.“ (ML)
Ebenso wie später die Schwestern Rosalie und Luise gehörte der Stiefvater Ludwig Geyer zum Ensemble des Hoftheaters. Als Hoftheater wurde bis 1841 das sogenannte Morettische Opernhaus genutzt. 1821, im Todesjahr des Stiefvaters Ludwig Geyer, zog die Familie in die Waisenhausstraße um. Richard, der das Jahr zuvor im Internat von Pastor Wetzel in Possendorf bei Dresden verbracht hatte, kam zunächst bei einem Verwandten des Stiefvaters, dem Goldschmied Karl Geyer, in Eisleben unter, bevor er nach Dresden zurückkam.
Ab Dezember 1822 besuchte Wagner die Dresdner Kreuzschule: „Dort trat ich als unterster Schüler der untersten Klasse ein und begann nun unter den bescheidensten Anfängen meine gelehrte Bildung. Die Mutter verfolgte mit großer Teilnahme alle bei mir sich einstellenden Anzeichen von geistiger Lebendigkeit und Begabung.“ (ML). Das bis heute bestehende Evangelische Kreuzgymnasium (auch bekannt unter seinem lateinischen Namen schola crucis) ist eine der ältesten Schulen in Deutschland. Der wissbegierige, begeisterungsfähige Richard - er hieß zu diesem Zeitpunkt noch Geyer, nach seinem Stiefvater - avancierte alsbald zum Lieblingsschüler des Magisters Sillig, übersetzte etliche Gesänge der Odyssee, verfasste ein episches Gedicht „Die Schlacht am Parnassos nach Pausanias“ und beschäftigte sich mit den Werken E.T.A. Hoffmanns.
Am 8. April 1827 wurde Richard Wagner in der Kreuzkirche konfirmiert: „Der Knabe, der noch vor wenigen Jahren mit schmerzlichster Sehnsucht nach dem Altarblatte der Kreuzkirche geblickt und in ekstatischer Begeisterung sich an die Stelle des Erlösers am Kreuze gewünscht, hatte die Hochachtung vor dem Geistlichen, zu welchem er in die der Konfirmation vorangehenden Vorbereitungsstunden ging, bereits so sehr verloren, daß er zu seiner Verspottung nicht ungern sich gesellte und sogar einen Teil des für ihn bestimmten Beichtgeldes in Übereinstimmung mit einer hierzu verbundenen Genossenschaft vernaschte. Wie es trotzdem mit meinem Gemüte stand, erfuhr ich jedoch fast zu meinem Schrecken, als der Akt der Austeilung des heiligen Abendmahles begann, vom Chor Orgel und Gesang ertönte, und ich im Zuge der Konfirmanden um den Altar wandelte: die Schauer der Empfindung bei Darreichung und Empfang des Brotes und des Weines sind mir in so unvergeßlicher Erinnerung geblieben, daß ich, um der Möglichkeit einer geringeren Stimmung beim gleichen Akte auszuweichen, nie wieder die Veranlassung ergriff, zur Kommunion zu gehen, was mir dadurch ausführbar ward, daß bekanntlich bei den Protestanten kein Zwang hierzu besteht.“ (ML).
Ende 1827 verließ Wagner Dresden und zog nach Leipzig, wo sich seine Familie erneut niedergelassen hatte.
Leipzig als "Brutstätte" von Wagners "phantastisch-musikalischen Studien" (1827-1830)
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Wagners Onkel Adolf, radikal-liberaler Kauz |
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Ranstädter Bastei mit dem Komödienhaus (1885) |
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Guido Theodor Apel |
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Nikolai-Gymnasium |
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Ludwig van Beethoven (1823) |
Leipzig hatte sich zu diesem Zeitpunkt von den Wirren des Krieges leidlich erholt und war mit seinen 41.000 Einwohnern, darunter etwa 1.500 Studenten, ein kulturelles und wirtschaftliches Zentrum in Mitteldeutschland. Vor allem der deutsche Buchhandel und das Verlagswesen blühten. Der international tätige Verlag „F. A. Brockhaus“, mit dessen beiden Firmenerben Heinrich und Friedrich Brockhaus Wagner später über seine Schwestern Luise und Ottilie verschwägert sein sollte, hatte hier seinen Firmensitz und eine eigene Druckerei. Richard wohnte bei der Mutter „im Pichhof vor’m hallischen Tor, 1 Treppe“ (etwa dort gelegen, wo sich heute der Haupteingang des Hauptbahnhofs befindet). Unter seinem Geburtsnamen Wagner (in Dresden trug er den Namen seines Stiefvaters Geyer) wurde er Schüler des Nikolai- Gymnasiums. Eine Zurückversetzung in die Obertertia verärgerte den hochbegabten und eigenwilligen Jugendlichen: „Während zunächst nun das täglich vor meinen Augen sich ausbreitende Studentenleben mich immer mehr mit seinem auflehnungssüchtigen Geiste erfüllte, fand ich von einer anderen, ernsteren Seite her unerwartet eine neue Anregung zur Verachtung des Schulpedantismus“ notierte er rückblickend in „Mein Leben“. Im Nikolai-Gymnasium knüpfte er wichtige Kontakte und lernte den langjährigen Freund Guido Theodor Apel (1811–1867, Sohn des Schriftstellers August Apel) kennen, der ihn später lange finanziell unterstützte.
Nachhaltigen Einfluss auf den jungen Wagner hatte sein Onkel Adolf, ein Bruder seines Vaters. Der Onkel, dessen beachtliche Bibliothek Wagner magisch anzog, war ein Multitalent: Dichter und Übersetzer, Autor literaturwissenschaftlicher Werke, ein belesener und vor allem auch politisch progressiv denkender Mensch. Er brachte Wagner die Literatur, insbesondere Shakespeare und die deutschen Romantiker, nahe.
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Wilhemine Schröder-Devrient |
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1828 stellt Wagner sein erstes eigenes dramatisches Werk fertig: „Leubald und Adelaide“, das er im Winter 1826/27 in Dresden begonnen hatte: „Ich entwarf ein großes Trauerspiel“, schrieb er später, „welches ungefähr aus Hamlet und Lear zusammengesetzt war“. Wagner wollte das Stück auch vertonen und somit ein erstes Musikdrama schaffen, brach die Arbeit aber ab. „Ein Verbrechen des Fünfzehnjährigen“ nannte Wagner seinen Bühnenerstling im Rückblick, auch wenn er später gegenüber Cosima scherzte: „Ach! Ich bin kein Komponist, nur so viel wollt ich erreichen, um Leubald und Adelaide zu komponieren“.
Neben der künstlerischen blieb die schulische Bildung zurück: „Lasse Alles liegen“, schrieb Wagner über den Sommer 1829, „treibe nur Musik ohne Unterricht.“ Musikalische Vorbilder fand er vor allem in Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) und Carl Maria von Weber (1786 – 1826). Schon bald gewann Wagner die Überzeugung, „ohne alles Bedenken ... Musik selbst schreiben zu können“. Zu diesem Zweck nahm er heimlich ersten Musikunterricht bei dem Mitglied des Leipziger Gewandhaus-Orchesters Christian Gottlieb Müller (1800 – 1863) und nahm sich zugleich die Kompositionslehre von Johann Bernhard Logier (1777 – 1846) im Eigenstudium vor – die Leihgebühren für dessen Buch „System der Musik-Wissenschaft und der praktischen Composition“ sind Wagners erste Schulden. Wagner las und analysierte Beethovens Partituren, er versuchte sich in ersten Kompositionen für Klavier, für Bläser und für großes Orchester. Im Gewandhaussaal und in der Schneiderherberge, die den Konzertsaal des Musikvereins Euterpe beherbergte, wurden frühe Kompositionen Wagners gespielt.
Intensiv nahm Wagner auch am Theaterleben Leipzigs teil. Seine Schwestern Rosalie und Luise waren am 1817 zum „Theater der Stadt Leipzig“ umgebauten Komödienhaus auf der Ranstädter Bastei engagiert, das von 1829 bis 1832 als Königlich Sächsisches Hoftheater Leipzig fungierte. Hier fand am 1. Weihnachtsfeiertag 1830 die Uraufführung seiner (verschollenen) „B-Dur- Ouvertüre“, der sogenannte „Paukenschlag-Ouvertüre“, bei einem Wohltätigkeitskonzert statt und erheiterte das Publikum. Aber am 16. März 1832 wurden Ouvertüre und Schlussmusik zum 5. Akt von E. Raupachs „König Enzio“ beifällig aufgenommen.
Zu einem prägenden Erlebnis wurden für Wagner am gleichen Haus die Auftritte der Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient (1804 – 1860), die ihn vor allem als Romeo in der Oper von Vincenzo Bellini beeindruckte. Ihre ausdrucksstarke Spielweise wurde ihm zum Vorbild für seine spätere Vorstellung vom neuen Typus des Sänger-Darsteller.
Politische Ouvertüre (1830-1833)
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Dresden 1830 Unruhen – das brennende Polizeihaus am 9. und 10. September |
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Thomaskantor Christian Theodor Weinlig |
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Richard Wagner (1835) Scherenschnitt |
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Leipzig 1830 – Begeisterung für die gescheiterten polnischen Patrioten: die Leipziger begrüßen die nach Westen ziehenden Polen |
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Heinrich Laube, Führer der "Jungdeutschen" |
Im Juni 1830 wechselte Wagner an die Thomasschule. Auch hier interessierte ihn der Unterricht wenig. Er führte ein wildes Studentenleben, hatte laut „Mein Leben“ Umgang „mit einem halben Dutzend der furchtbarsten Schläger“ und beteiligte sich an der Erstürmung und Demolierung eines angeblich vom Magistrat protegierten Bordells. Zugleich gab es in dieser Zeit erhebliche politische Unruhen in verschiedenen europäischen Ländern, die Wagner mit größter Anteilnahme verfolgte. Er begeisterte sich für die Juli- Revolution in Frankreich und die polnische Erhebung gegen die zaristische Fremdherrschaft. Im September griffen die Unruhen auf Sachsen über.
Glaubt man Wagner, dann war diese Revolution sein politisches Erweckungserlebnis: „Mit einem Schlage“, so schrieb er später in „Mein Leben“, „wurde ich Revolutionär und gelangte zu der Überzeugung, jeder halbwegs strebsame Mensch dürfe sich ausschließlich nur mit Politik beschäftigen.“ Für ihn verband sich die Politik mit dem Komponieren. Er entwarf die (ebenfalls verschollene) „Politische Ouvertüre“ und komponierte in den folgenden Jahren zwei „Polonaisen“ zu Ehren der durchs Land ziehenden Exil-Polen. Wie viele fortschrittlich Gesinnte in der Zeit des Vormärz hielt er zu den Idealen der Französischen Revolution von 1789 und wollte statt der herrschenden politischen Willkür, Unterdrückung und Zensur die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit der Menschen:
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Finis Poloniae: eine Gruppe verzweifelter polnischer Soldaten im Moment des Abschieds von ihrer Heimat |
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„Mit Bewußtsein plötzlich in einer Zeit zu leben, in welcher solche Dinge vorfielen, mußte natürlich auf den siebzehnjährigen Jüngling von außerordentlichem Eindruck sein. Die geschichtliche Welt begann für mich von diesem Tage an; natürlich nahm ich volle Partei für die Revolution, die sich mir nun unter der Form eines mutigen und siegreichen Volkskampfes, frei von allen den Flecken der schrecklichen Auswüchse der ersten französischen Revolution, darstellte. Da revolutionäre Erschütterungen bald ganz Europa in mehr oder minder starken Schauern heimsuchten und auch hier und da deutsche Länder von ihnen berührt wurden, blieb ich für längere Zeit in fieberhafter Spannung und wurde zum ersten Mal auf die Gründe jener Bewegungen aufmerksam, die mir als Kämpfe zwischen dem Alten, Überlebten und dem Neuen, Hoffnungsvollen für die Menschheit erschienen.“ (Wagner in „Mein Leben“)
Ohne Abschlusszeugnis aber mit der Qualifikation „Studiosus Musicae“ immatrikulierte Wagner sich am 23. Februar 1831 als Student der Musik an der Universität Leipzig. Bei Thomaskantor Christian Theodor Weinlig (1780 – 1842; Thomaskantor 1823 – 42) vervollständigte er das Kompositionshandwerk. Als „Gesellenstück“ entstand im Frühsommer 1832 in sechs Wochen die viersätzige „Sinfonie in C-Dur“, die im November des gleichen Jahres im Prager Konservatorium uraufgeführt wurde.
Ebenfalls im November 1832 lernte er im Hôtel de Pologne Heinrich Laube (1806 – 1884) kennen. Laube war der Kopf und maßgebliche Repräsentant des „Jungen Deutschlands“, er wollte die Literatur als Vehikel zur Verbreitung politischer, sozialer und kultureller Ideen nutzen und kritisierte die rückständigen deutschen Zustände scharf. Durch ihn kam Wagner in Berührung mit den Jungdeutschen Karl Gutzkow (1811 – 1878) und den im Pariser Exil lebenden Ludwig Börne (1786 – 1837) und Heinrich Heine (1797 – 1855). Ab 1833 arbeitete Laube als Redakteur der in Leipzig erscheinenden politisch progressiven „Zeitung für die elegante Welt“ in der auch Wagner erste Artikel veröffentlichte.
Im Januar 1833 verließ Wagner Leipzig in Richtung Würzburg, um am dortigen Theater eine Stelle als Chordirektor anzutreten.
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