Gottfried Semper
* 29.11.1803 Hamburg / † 15.05.1879 Rom
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Gottfried Semper |
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Architekt, Hochschullehrer und Architekturtheoretiker. Semper begann 1823 ein Studium der Mathematik und Geschichtswissenschaft in Göttingen, danach das Studium der Architektur in München. In Paris arbeitete er im Büro von Franz Christian Gau, des Erbauers der Pariser Krankenhäuser. 1830 erlebte Semper in Paris die Julirevolution, mit der er sympathisierte; anschließend reiste er für architektonische Studien nach Italien und Griechenland, wo er in Athen an den Ausgrabungen auf der Akropolis beteiligt war. In seiner Arbeit „Vorläufige Bemerkungen über bemalte Architektur und Plastik bei den Alten“ vertrat Semper 1834 die Ansicht, die Gebäude und Statuen der griechischen und römischen Antike seien nicht, wie bisher angenommen, weiß gewesen, sondern farbig und bunt.
1834 erhielt Semper den Ruf als Professor der Architektur an die Königliche Akademie der bildenden Künste in Dresden. Dort wurde er Vorsteher der Dresdener Kunstakademie und Gutachter der städtischen Baubehörden. Von 1838 bis 1841 baute Semper das „Neue Königliche Hoftheater“ (1869 abgebrannt). 1842 wurde Richard Wagner als Kapellmeister an dieses Haus berufen, an dem in der Folge drei seiner Opern uraufgeführt wurden: „Rienzi“ (1842), „Der fliegende Holländer“ (1843) und „Tannhäuser“ (1845). Nach Sempers Plänen wurde zwischen 1838 und 1840 auch die Dresdner Synagoge errichtet, die als Vorbild für zahlreiche weitere Synagogenbauten diente.
Im Mai 1849 gehörte Semper zu den Unterstützern der Aufständischen im Dresdner Maiaufstand. Als Mitglied der Kommunal-Garde nahm er an den Kämpfen aktiv teil und nutzte seine Fachkenntnisse, um in der Dresdner Innenstadt Barrikaden zu errichten. Nach der Niederschlagung des Aufstandes am 9. Mai 1849 durch das preußische Militär wurde Semper als „Demokrat I. Klasse“ und „Haupträdelsführer“ steckbrieflich gesucht und musste nach Paris fliehen. Er verlor seine sächsische Staatsbürgerschaft und alle Ämter und Titel. Über Paris gelangte Semper nach London, wo er als Lehrbeauftragter für Architektur tätig wurde. Fortan lag der Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der Theorie und dem Unterricht. Erst 14 Jahre später hob die sächsische Regierung 1863 den Steckbrief gegen ihn auf.
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1. Opernhaus Sempers in Dresden um 1850 |
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Revolution in Dresden 1848 |
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Hoftheater (erste Semperoper) eröffnet 1841 |
1853 nahm Richard Wagner mit Semper Kontakt auf und schickte ihm einen Entwurf des Librettos „Der Ring des Nibelungen“ mit der Aufforderung: „Lesen Sie in Jesu Christi Namen den ´Ring des Nibelungen´, sagen Sie mir, wie er Ihnen gefällt“. Die Beziehung zwischen Wagner und Semper, der das Scheitern des Dresdner Aufstandes wohl nie bewältigen konnte, war jedoch fortan getrübt.
Durch Wagner erfuhr Semper von den Plänen, in Zürich eine neue Hochschule zu errichten und Semper übersiedelte nach Zürich, wo er zum Professor ernannt wurde und nun wieder in direkten Austausch mit Wagner stand. 1855 ernannte der Schweizer Bundesrat Semper zum Professor auf Lebenszeit. In Zürich konnte Semper erstmals wieder als Baumeister tätig werden: nach seinen Entwürfen entstand zwischen 1858-1864 das Hauptgebäude des „Polytechnikums“.
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Münchner Festspielhaus um 1865
nach einem Entwurf Gottfried Sempers |
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Durch Vermittlung Richard Wagners erhielt Semper 1864 von Ludwig II. den Auftrag, das Münchner Richard-Wagner-Theater zu entwerfen. Semper plante ein monumentales Festspielhaus über dem Ufer der Isar, das über eine repräsentative Prachtstraße erreicht werden sollte. Der Innenraum sollte nicht als Logentheater gestaltet werden und entsprach damit bereits den Vorstellungen Wagners nach einer demokratischen Sitzordnung, die erst im Bayreuther Festspielhaus realisiert werden konnten. Ludwig II. wollte in diesem Theater Wagners „Der Ring des Nibelungen“ zur Uraufführung bringen und Semper lieferte ein monumentales Modell des Theaters, das Wagner in Entzückung versetzte: „Es ist ein Wunder: meine Idee meine Angaben und Anforderungen wurden von Sempers Genie vollkommen begriffen, und was eben das Grosse ist - in so vollendet neuer und zweckmäßiger Weise ausgeführt, dass der Kenner zugleich über die erhabene Einfachheit dieser Conzeption in Bewunderung geräth". Als Wagner 1865 München verlassen musste, wurden auch die Pläne für das Münchner Wagner-Theater aufgegeben und Semper fühlte sich von Wagner im Stich gelassen. Er begann sein entgangenes Honorar bei Hofe einzuklagen und lehnte für mehrere Jahre alle weiteren Kontakte mit Wagner ab.
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Das Burgtheater in Wien |
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Semper 1879 kurz vor seinem Tod
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1869 wurde Semper nach Wien berufen, um dort die Planungen für die Ringstraße und die Kaiserlichen Kunstsammlungen zu überwachen. Er entwarf 1869 ein riesiges „Kaiserforum“, das jedoch nur teilweise verwirklicht wurde. Dazu gehörte das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum, das „Semperdepot“ (hinter dem Theater an der Wien) und das „Burgtheater“, dessen Grundriss Semper entwarf. Die Seitenflügel des Burgtheaters mit ihren Prunkstiegen übernahm Semper aus seinen Münchner Plänen für das Richard-Wagner-Theater.
Anfang 1875 reiste Richard Wagner nach Wien, um durch zwei Konzerte mit Ausschnitten aus seinen Bühnenwerken Gelder für die Errichtung des Bayreuther Festspielhauses zu sammeln. Am 3. März wurde im berühmten Atelier des Malers Hans Markart ein Fest zu Ehren Wagners veranstaltet. Hier sollte es zur Aussöhnung mit Semper kommen. Als sich die beiden dann nach mehreren Jahren des Schweigens erstmals wieder gegenübertraten, war Semper bereits sichtlich gealtert und von Krankheiten schwer gezeichnet. Wagner konnte den alten Freund kaum wieder erkennen.
Semper starb 1879 während einer Reise in Rom und wurde dort auf dem protestantischen Friedhof bestattet. |